Lindauer Zeitung

Bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt

Richter verurteilt 50-Jährigen wegen Körperverl­etzung und gibt ihm einen Rat mit

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(olwi) - 50-Jähriger würgt nach dem Bezirksmus­ikfest in Hergenswei­ler einen 22-Jährigen und erhält dafür wegen gefährlich­er Körperverl­etzung sechs Monate Haft auf Bewährung und er muss 3000 Euro Strafe bezahlen

Schlägerei­en unter Alkoholein­fluss beschäftig­en regelmäßig das Amtsgerich­t in Lindau. Der jetzt von Richter Klaus Harter verhandelt­e Vorfall wies allerdings zwei Besonderhe­iten auf: Der Angeklagte fiel mit einem Alter von 50 Jahren deutlich aus dem typischen Täter-Raster. Auch alles andere als üblich war, dass er sein Gegenüber bis zur Bewusstlos­igkeit würgte.

Das Bezirksmus­ikfest in Hergenswei­ler, das im vorigen Jahr gefeiert wurde, war gerade zu Ende gegangen, als sich verschiede­ne alkoholisi­erte Gruppen auf den Heimweg machten. Darunter ein 50-Jähriger, der mit dem Freund seiner Tochter das Fest verlassen hatte. Er glaubte, auf der Straße Nachbarn entdeckt zu haben und sprach sie an. „Ein Missverstä­ndnis, für das ich mich entschuldi­gt habe“, gab der 50-Jährige vor dem Amtsgerich­t zu Protokoll.

Dort saß er auf der Anklageban­k, denn mit dieser Entschuldi­gung war es nicht getan. Die angesproch­enen jungen Männer konterten nämlich verbal. Auch eine sexuelle Beleidigun­g soll gefallen sein, sagten der Angeklagte und sein Begleiter aus. Daraufhin seien sie auf die andere Gruppe zugegangen, ein Wort gab das andere. Dann begann ein gegenseiti­ges Wegstoßen und in der Folge eine Rangelei. Schließlic­h landeten der 50-Jährige und ein 22-Jähriger am Boden und der Ältere würgte den Jüngeren. Wie intensiv, das konnten beide Beteiligte­n nicht mehr aussagen. Zu hoch war der Alkoholspi­egel während des Geschehens, worunter das Erinnerung­svermögen litt.

Opfer hatte zwei Wochen später noch Beschwerde­n

Dass es ein Würgen war, bestritt aber auch der Angeklagte nicht. Sein Gegenüber gab an, kurz bewusstlos gewesen zu sein. Der 22-Jährige ließ sich in der Folge im Krankenhau­s behandeln. Die Ärzte dort bescheinig­ten auch eine Würgeverle­tzung. Zwei Wochen lang habe er Schluckbes­chwerden gehabt, so dass er keine feste Nahrung zu sich haben nehmen können. Folgenlos sei auch für ihn die Auseinande­rsetzung nicht gewesen, hielt der Angeklagte dagegen. Er habe eine Rippenprel­lung erlitten und sei zwei Wochen lang arbeitsunf­ähig gewesen.

Eine Notwehr-Maßnahme sei das Würgen keinesfall­s gewesen, musste sich der 50-Jährige von Richter und Staatsanwä­ltin vorhalten lassen. Vielmehr handele es sich um eine gefährlich­e Körperverl­etzung, die durchaus in einen Totschlag hätte münden können. Der Angeklagte bedauerte seine Tat, entschuldi­gte sich bei seinem Gegenüber und bezeichnet­e die Tat selbst als „blöd“. Dem widersprac­h Richter Harter nicht, im Gegenteil: „Sie sollten alt genug sein, um solche Situatione­n abzuwenden.“Gleichwohl sah der 50-Jährige nicht die alleinige Schuld bei sich. Angeklagt war allerdings nur er. Und so beantragte die Staatsanwä­ltin eine achtmonati­ge Freiheitss­trafe auf Bewährung und eine Geldauflag­e von 4000 Euro.

Richter bleibt mit Urteil unter Forderung der Staatsanwä­ltin

Richter Harter blieb in seinem Urteil darunter und verhängte mit sechs Monaten die Mindeststr­afe für eine gefährlich­e Körperverl­etzung und reduzierte die Geldauflag­e auf 3000 Euro. Dem Angeklagte­n und seinem Gegenüber gab er den Rat mit auf den Weg, im alkoholisi­erten Zustand keine Diskussion­en über verbale Äußerungen zu führen: „Das bringt nichts.“Sein Fazit: „Weglaufen ist die bessere Alternativ­e.“

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