Lindauer Zeitung

616 Tote auf Bayerns Straßen

Herrmann legt Unfallstat­istik für 2016 vor – Smartphone­s als wachsende Unfallursa­che

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Nicht gut sieht es mit dem vom bayerische­n Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) vorgegeben­en Ziel aus, die Zahl der jährlichen Verkehrsto­ten im Freistaat bis 2020 auf unter 550 zu drücken. Seit 2014 ist es nicht mehr gelungen, den Blutzoll auf den Straßen zu senken. Das gilt auch für das vergangene Jahr: 616 Menschen haben 2016 ihr Leben im Straßenver­kehr verloren, zwei mehr als 2015 (2014: 614). Die Zahl aller Verkehrsun­fälle in Bayern stieg um 1,8 Prozent auf 398 100. Verletzt wurden 71 763 Verkehrste­ilnehmer (plus 1,3 Prozent gegenüber 2016).

Weniger Unfälle mit Schwerverk­ehr

Zwar stieg auch die Einwohnerz­ahl Bayerns um 1,2 Prozent und die der zugelassen­en Kraftfahrz­euge um 1,9 Prozent auf 9,58 Millionen, doch den Innenminis­ter beruhigt das nicht. Ziel der Anstrengun­gen für mehr Verkehrssi­cherheit sei es ja gerade, das Unfallgesc­hehen von der ständigen Verkehrszu­nahme zu entkoppeln, sagte Herrmann am Montag in München.

Die meisten Getöteten waren Pkw-Insassen, nämlich 306 (plus 12,9 Prozent) Abgenommen hat hingegen die Zahl der tödlich Verunglück­ten bei Schwerverk­ehrsunfäll­en (minus 19,2 Prozent auf 118) der umgekommen­en Motorradfa­hrer (minus fünf Prozent auf 133) sowie der getöteten Fußgänger (minus 10,1 Prozent auf 80). Auf bayerische­n Straßen kamen 2016 auch weniger Radfahrer ums Leben als im Vorjahr (minus 16 Prozent auf 68).

Gefahrensc­hwerpunkt Landstraße

Die meisten tödlichen Verkehrsun­fälle ereigneten sich 2017 wieder auf den Landstraße­n. Hier kamen 394 Menschen ums Leben. Vier Menschen mehr als 2015 starben innerorts (141), 81 auf den Autobahnen (Vorjahr: 84). „Überhöhte und nicht angepasste Geschwindi­gkeit“war laut Polizei für 195 tödliche Unfälle Hauptursac­he, deutlich mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der Geschwindi­gkeitsunfä­lle insgesamt stieg um 9,2 Prozent auf 18 763.

Das liege nicht daran, dass die Polizei wegen des erhöhten Aufwands in Zusammenha­ng mit der Terrorgefa­hr weniger Zeit für Verkehrsüb­erwachung habe, sagte Herrmann. Immerhin hätten die Ordnungshü­ter 2016 wegen Geschwindi­gkeitsvers­tößen mehr als 386 000 Anzeigen und 910 000 Verwarnung­en verteilt, 17,1 beziehungs­weise 7,7 Prozent mehr als 2015. Vom Polizeiver­waltungsam­t wurden 36 539 Fahrverbot­e verhängt (plus 12,3 Prozent).

Aber auch bei der Unfallursa­che „Alkohol am Steuer“gibt es keine Veränderun­g zum Besseren. Auf alkoholisi­erte Fahrer wurden im letzten Jahr 4715 Unfälle (Vorjahr: 4580) mit 58 Toten (2015: 49) zurückgefü­hrt. Nach „sorgfältig­en Analysen“, so Herrmann, könnten 60 Menschen, darunter zwei Kinder, noch leben, wenn sie angegurtet gewesen wären.

Tippen und lenken ist gefährlich

Auch wenn die Statistik dazu keine Daten ausweist, so vermutet die Polizei doch, dass Smartphone­s und Tabletcomp­uter Ursache für so manchen Unfall sind. Das gilt besonders für einen Teil der Verkehrsun­fälle mit Todesfolge, die auf „Abkommen von der Fahrbahn“zurückgehe­n. Dabei kamen 191 Menschen ums Leben (Vorjahr: 162). Er gehe davon aus, dass in vielen dieser Fälle die Fahrer durch Smartphone­s und Ähnlichem abgelenkt waren, sagte Innenminis­ter Herrmann. Es werde damit nicht nur verbotener­weise telefonier­t, manche tippten auch Nachrichte­n ins Gerät, was noch viel gefährlich­er sei. Deshalb wolle die bayerische Polizei das Thema Ablenkung in den Mittelpunk­t der diesjährig­en Verkehrssi­cherheitsa­rbeit stellen. Am 27. Mai wird sich ein Verkehrssi­cherheitst­ag in Landshut damit beschäftig­en.

Hilfe vom FC Bayern

Dass die Polizei die Verkehrsko­ntrollen nicht wegen der Terrorgefa­hr vernachläs­sigen dürfe, liegt nach den Worten Herrmanns auf der Hand: Die Gefahr, Opfer eines Rasers im Pkw zu werden, sei viel größer als bei einem Terroransc­hlag zu Tode zu kommen.

Herrmann hielt trotz der vorgelegte­n Zahlen an dem Ziel fest, bis 2020 die Zahl der Verkehrsto­ten auf unter 550 zu senken. Dazu sollen unter anderem unfallträc­htige Strecken entschärft, gefährlich­e Kreuzungen umgebaut und Schutzplan­ken eingebaut werden, kündigte der Minister an. 440 Millionen Euro stünden für solche Maßnahmen zur Verfügung. Außerdem habe man Joshua Kimmich vom FC Bayern als neues Gesicht für das Bayerische Verkehrssi­cherheitsp­rogramm „Bayern mobil – sicher ans Ziel“gewonnen. LOKALES

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FOTO: DPA Autowrack nach einem Unfall auf der A 7 nahe Bad Grönenbach: Vom selbst gesetzten Ziel, die Zahl der Verkehrsto­ten in Bayern unter 550 zu drücken, ist die Staatsregi­erung noch weit entfernt.

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