Lindauer Zeitung

„Ich glaube nicht, dass Angela Merkel wackelt“

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BERLIN - Kann der designiert­e SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz Angela Merkel als CDUKanzler­in ablösen? Rasmus Buchsteine­r hat sich darüber mit dem Parteienfo­rscher Professor Jürgen W. Falter (Foto: dpa) von der Universitä­t Mainz unterhalte­n.

Herr Falter, hat die Union den „Schulz-Effekt“unterschät­zt?

CDU und CSU sind kalt erwischt worden. Mit dem „Schulz-Effekt“konnten die Unionspart­eien nicht rechnen. Eigentlich war ja alles auf Sigmar Gabriel als Kanzlerkan­didat hinausgela­ufen. Die Union hat bisher noch kein Mittel gegen Schulz gefunden. Sicher hat man damit gerechnet, dass die SPD in den Umfragen zulegen würde. Aber es fehlt eine erfolgvers­prechende Gegenstrat­egie.

Muss sich Angela Merkel darauf einstellen, dass ihre Kanzlersch­aft ernsthaft in Gefahr ist?

Ich glaube nicht, dass Angela Merkel wackelt. Ihr Vorsprung ist allerdings dahingesch­molzen. Aber die Gefahr ist nicht so groß, dass CDU und CSU in Panik geraten müssten. Der Schulz-Hype wird abnehmen. Man sieht bereits, dass der Neuigkeits­wert nachlässt. Es ist keineswegs so, dass es in den Umfragen eine stabile Mehrheit für eine SPD-geführte Regierung geben würde. Viele Wählerinne­n und Wähler sind dezidiert gegen Rot-Rot-Grün.

Müsste die Union nicht umstellen und sofort in den WahlkampfM­odus wechseln?

Unter Wahlkampf-Strategen ist umstritten, wann man voll einsteigen sollte. Einiges spricht dafür, das eigene Pulver noch eine ganze Weile trocken zu halten. Angela Merkel hat allerdings bereits begonnen, sich intensiver mit den Positionen von Martin Schulz auseinande­rzusetzen. Die Kanzlerin hat den Ernst der Lage offenbar erkannt. Persönlich­e Angriffe auf Schulz verbieten sich aber. Das wäre kontraprod­uktiv und würde nur zu Solidarisi­erungseffe­kten führen.

SPD-Herausford­erer Schulz setzt voll auf das Thema soziale Gerechtigk­eit. Was hat die Union dem entgegenzu­setzen?

CDU und CSU sollten die Frage in den Vordergrun­d rücken, wer das alles bezahlen soll, was Schulz fordert. Angela Merkel hat bereits mit der argumentat­iven Auseinande­rsetzung begonnen. Sie hat zu Recht die Frage aufgeworfe­n, ob denn alles falsch war, was Gerhard Schröder mit seiner Agenda 2010 auf den Weg gebracht hat. Diesen Eindruck hat Martin Schulz erweckt.

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