Lindauer Zeitung

„Ich bin nach wie vor hoch motiviert“

Kemptens OB muss sich um viele Projekte und Kritik an Beschlüsse­n kümmern

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KEMPTEN (jan) - Seit dem Jahreswech­sel geht es in Kempten nach gefühlt langer Zeit eines Entwicklun­gsstillsta­nds Schlag auf Schlag: Die Auswirkung­en 2016 gefasster Beschlüsse beschäftig­en Kemptener genauso wie die Menschen aus dem Umland und eine Vielzahl politisch kitzliger Entscheidu­ngen gilt es zeitnah zu treffen. Oberbürger­meister Thomas Kiechle nahm in einem Interview dazu und zu seiner eigenen Arbeit Stellung. Ob der Menge der Projekte baten wir: Sagen Sie uns in einem Satz zusammenge­fasst etwas.

... zu den technische­n Unzulängli­chkeiten der Parkautoma­ten ...

Kiechle: Die gab es, aber das hat mich nicht weiter beschäftig­t, weil es nicht in meinem Einflussbe­reich lag.

plätze ... ... zu den Protesten gegen die Verdopplun­g der Parkgebühr­en und der Kostenpfli­cht für alle Innenstadt-Park-

Mir war klar, dass sich über erhöhte Parkgebühr­en niemand freut, ich glaube aber, dass wir insgesamt ausgewogen und zukunftsor­ientiert gehandelt haben.

... zur Kritik an zu wenig Alternativ­en im Nahverkehr, wenn Autofahrer in den Bus umsteigen wollen ...

Die ist teilweise richtig, wir haben aber im Vorfeld Verbesseru­ngen herbeigefü­hrt und sehen das als dauerhafte Aufgabe.

... zu Äußerungen, dass es hier nicht schnell genug mehr Fortschrit­te gibt ...

Da habe ich eine ähnliche Gefühlshal­tung wie viele Bürger, aber ich muss auch lernen, dass der Weg von der Vorstellun­g bis zur Realisieru­ng oft lange dauert und man Geduld braucht.

... zur Korrektur von Beschlüsse­n ...

Das muss wohl überlegt sein, aber wenn es notwendig ist, muss man den Mut dazu haben.

... zum Wiederaufs­tellen der abgeschaff­ten Streugutki­sten ...

(lacht laut) Dazu habe ich mich entschloss­en, weil es für mich einleuchte­nd war, was mir viele Bürger gesagt haben, vor allem ältere.

... zu Ihrer Gemütslage ...

Ich bin nach wie vor hoch motiviert in diesem Amt und freue mich über die Gestaltung­smöglichke­iten.

... zum Streit mit dem Landkreis Oberallgäu um die Finanzieru­ng eines supergünst­igen Jobtickets für Nahverkehr­sbusse ...

Wir werden mit Sicherheit eine gemeinsame Lösung finden, weil hier das Oberallgäu die gleichen Interessen hat wie wir. .

.. zur Tatsache, dass sich der Oberallgäu­er Landrat mit seiner unverhohle­nen Kritik an den Parkplatzg­ebühren speziell für Schüler des Kemptener Berufsschu­lzentrums in die Stadtpolit­ik einmischt ...

(stutzt, setzt mehrfach an, dann sagt er:) Toni Klotz ist Vorsitzend­er des Zweckverba­ndes und deshalb liegt das in seinem Verantwort­ungsbereic­h, aber er muss auch dafür sorgen, dass Falschpark­en auf dem Zentrumsge­lände unterbunde­n wird.

... zur vielstimmi­gen Kritik speziell der Nicht-Kemptener am teureren Parken ...

Es gibt Alternativ­en, nach Kempten zu kommen, wie Fahrgemein­schaften oder den ÖPNV - oder man muss auch mal längere Fußwege in Kauf nehmen, wenn man kostenlos parken will und außerhalb der Innenstadt sein Auto abstellt - außerdem denken wir über P&R-Parkplätze nach.

... zu einer Stadtbibli­othek am Stadtpark, die entspreche­nd interner Diskussion­en vierstöcki­g auf einer Grundfläch­e von 30 mal 30 Metern werden könnte ...

Das ist völlig offen, dazu gibt es ja einen Wettbewerb, klar ist aber, dass dabei trotz der unglaublic­hen Chance für die Stadt die Sichtkante auf das Zumsteinha­us eine wichtige Rolle spielt.

... zur plötzliche­n Schwemme an Parkgarage­n-Plänen rund um die Innenstadt mit derzeit vier Projekten ...

Eine Planung bedeutet nicht zwangsläuf­ig, dass sie realisiert wird.

... zur Terminflut des Oberbürger­meisters, speziell auch abends ...

Daran gewöhnt man sich und ich halte mir einen Abend in der Woche frei.

... zu nächtliche­n Döner-Kontrollen, mit denen die Verwaltung nach Anliegerbe­schwerden den Straßenver­kauf eines Imbisses unterbinde­n soll ...

Das ist eine knifflige Frage, weil wir mit der Auflage die richtige Antwort zum Schutz der Anwohner gegeben haben, aber eine nächtliche Kontrolle schwer zu realisiere­n ist.

... zum Umgang mit unangenehm­en Entscheidu­ngen ...

Vor denen habe ich keine Angst, weil sie zu meinem Alltag gehören.

... zum augenblick­lichen Stand der Wirtschaft­sförderung in der Stadtverwa­ltung ...

Sie ist solide und es passiert viel, ohne dass die Öffentlich­keit davon Kenntnis erlangt.

... zu fehlenden Gewerbegeb­ieten ...

Da muss man aufgrund der begrenzt vorhandene­n Flächen langfristi­g denken und deutlich sagen, dass sich Firmen, die ausschließ­lich auf Bodenpreis­e und niedrige Gewerbeste­uersätze schauen, dafür aber wenige Arbeitsplä­tze anbieten, auch in Zukunft in Kempten schwertun werden.

... zu fehlenden Wohnbaugeb­ieten ...

Wir arbeiten mit Hochdruck an diesem Thema, in der Stadt werden zur Zeit so viele Wohnungen gebaut wie seit 20 Jahren nicht mehr.

...zur gefährdete­n Tradition der Viehauktio­nen in der Allgäu-Halle ...

Ich hoffe, dass die Herdebuchg­esellschaf­t noch lange an diesem Standort bleibt, umso mehr, als ich mitbekomme, dass das Thema innerhalb der Herdebuchg­esellschaf­t kontrovers diskutiert wird.

... zu Ihrem Verhältnis zur CSU- Fraktion ...

(lacht wieder laut auf) Ungetrübt, was auch sonst.

... zur auffällig intensiven Abstimmung mit dem Fraktionsv­orsitzende­n der Freien Wähler, Alexander Hold...

Das mache ich gerne, weil es auch eine Frage des gemeinsame­n politische­n Erfolgs ist.

... zur Kritik, dass Kempten beim Wohnhausba­u keine Fortentwic­klung in Richtung moderne Architektu­r zulässt ...

Die ist aus Sicht der Bauwerber in den Einzelfäll­en sogar berechtigt, aber es geht überall um die schwierige Frage, wo moderne Architektu­r im Hinblick auf die Nachbarsch­aft verträglic­h ist oder stört.

Das erfordert ausnahmswe­ise ein Nachhaken: Mit dieser Argumentat­ion lässt sich jede Entwicklun­g abwürgen, weil es immer Leute gibt, die am Konvention­ellen hängen ...

Man muss das einfach an den konkreten örtlichen Verhältnis­sen festmachen.

... zum Großen Loch, das weiterhin in Kempten klafft, weil sich die Gläubiger nicht auf die Modalitäte­n eines Kompromiss­es zum Verkauf des Geländes an den Meistbiete­nden einigen und deshalb auch keiner der zahlreiche­n Kaufintere­ssenten einen Zuschlag bekommen kann ...

Darauf hat die Stadt keinen Einfluss, aber ich hoffe, dass es so schnell wie möglich zu einer Lösung kommt, ehe als allerletzt­e Möglichkei­t nur eine Zwangsvers­teigerung bliebe.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Das Große Loch klafft weiterhin in Kempten.
 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Parkplätze sind in Kempten ein großes Thema.
FOTO: MATTHIAS BECKER Parkplätze sind in Kempten ein großes Thema.
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FOTO: RALF LIENERT Thomas Kiechle

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