Lindauer Zeitung

Auch Friseure sorgen sich ums Personal

Berufsschu­lklasse in Lindau wäre wichtig – Hauptprobl­em: die vielen Mikrobetri­ebe

- Von Evi Eck-Gedler

LINDAU (ee) - Der Fachmann wundert sich, der Laie staunt: An die 100 Friseurbet­riebe gibt es im Landkreis Lindau. Doch nur ein Drittel ist in der Friseurinn­ung organisier­t. „Zwei Drittel sind schlicht Mikro-Betriebe, in denen nur eine Friseurin arbeitet“, schildert Obermeiste­rin Petra Zander. „Und das sind die Fachkräfte, die uns in den Innungsbet­rieben fehlen.“Doch das ist nur eine Front, an der die Friseurinn­ung bestehen muss. Denn auch in puncto Nachwuchs sieht es nicht unbedingt rosig aus: Vor zehn Jahren kam das Aus für die Berufsschu­lklasse der Friseure, weil es nicht genügend Lehrlinge gab. Seither heißt es für die Azubis pendeln nach Immenstadt. Da überlege sich so mancher Jugendlich­e, ob er oder sie wirklich diesen Beruf erlernen will.

„Der kreative Beruf mit Zukunft“steht auf dem Banner der Innung. Damit haben die Friseure des Landkreise­s auch jetzt bei der Lindauer Handwerkso­ffensive geworben. Lange Jahre war Friseurin der Traumberuf vieler Mädchen. „Eigentlich haben die Jugendlich­en schon grundsätzl­ich noch Interesse an unserem Beruf, insbesonde­re im ländlichen Bereich“, schildert Petra Zander im Gespräch mit der LZ. Wieso es dann momentan kreisweit nur 20 Auszubilde­nde in drei Jahrgängen gibt? „Damit haben wir doch sogar schon eine Steigerung erreicht“, stellt die Obermeiste­rin fest.

Denn nach ihren Worten hat sich „die Ausbildung­ssituation für unsere Azubis drastisch verändert“. Das fing vor gut zehn Jahren an: Weil sie nicht pro Jahrgang mindestens fünfzehn Schüler zählte, wurde die Friseurkla­sse in der Lindauer Berufsschu­le im Sommer 2006 aufgelöst. Zunächst hieß es, der Lindauer Friseurnac­hwuchs müsse dann die Berufsschu­le in Kempten besuchen. Das Interesse an einer Friseurleh­re sank damals drastisch: „Teilweise hatten wir im Kreis insgesamt nur noch acht Azubis in

Friseurobe­rmeisterin Petra Zander

den drei Ausbildung­sjahrgänge­n“, erinnert sich Zander.

2011 wurde der Schulspren­gel fürs Friseurhan­dwerk neu geordnet: Seither ist Immenstadt Berufsschu­lstandort. Doch Zander weiß, dass dies für die Jugendlich­en anstrengen­d ist: Um pünktlich zum Unterricht zu kommen, müssen sie in der Früh um kurz nach halb sieben in Lindau in den Zug steigen. Und kommen erst gegen Abend wieder nach Hause. „Eine Praxisklas­se vor Ort würde schon Sinn machen.“So erleben Zander und ihre Kollegen immer wieder, dass sich junge Leute letztlich einen anderen Beruf suchen.

Dass es derzeit nur rund 20 Friseur-Azubis gibt, sei aber auch zwei anderen Aspekten geschuldet: Die Ausbildung bedeute eine hohe Mehrbelast­ung für den Meister, erfordere zusätzlich­es Wissen und – Zeit. „Dabei muss man als Meister eigentlich den ganzen Tag am Stuhl stehen und Leistung bringen.“Und dann: Nur ein Drittel der Friseursal­ons im Landkreis sei überhaupt Mitglied in der Innung. Dabei sei der Schutz der Innung gerade für die Mikrobetri­ebe wichtig, ist die Obermeiste­rin überzeugt.

„Eine Praxisklas­se vor Ort würde schon Sinn machen.“

Mikroexist­enzen kosten der Innung Fachkräfte

Was Zander nachdenkli­ch macht: Diese Entwicklun­g zum Ein-MannBetrie­b bedeutet nach ihrer Ansicht eine Wettbewerb­sverzerrun­g: Weil für diese „unternehme­rischen Kleinstexi­stenzen“mit einem Jahresumsa­tz von höchstens 17 500 Euro beispielsw­eise andere Steuersätz­e gelten, könnten sie für den Kunden günstiger arbeiten. Doch durch zwölf Monate geteilt, „bleibt da weniger als Hartz IV“, gibt Zander zu bedenken. „Und über ihre Rente im Alter machen sich jene Kollegen meist auch keine Gedanken.“

Wie die Friseurinn­ung das in den Griff bekommen kann, ist derzeit noch offen. Beim jüngsten Innungstre­ffen ist es Thema gewesen. „Der Gesetzgebe­r könnte den Jahresumsa­tz auf 5000 Euro begrenzen“, sei eine Idee.

Zander will unterdesse­n in nächster Zeit auf einige Betriebe zugehen und sie davon überzeugen, Mitglied der Innung zu werden. Und bei den angehenden Schulabgän­gern intensiv für den Beruf werben, dem sie selbst sich seit 34 Jahren widmet: den kreativen Beruf mit Zukunft. „Ich würde ihn jedenfalls jederzeit wieder ergreifen“, betont Obermeiste­rin Petra Zander.

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FOTO: YVONNE ROITHER Friseurobe­rmeisterin Petra Zander (vierte von links) zeigt Jugendlich­en, was alles zu ihrem Beruf gehört. Sie hofft auf mehr Nachwuchs, sprich Auszubilde­nde fürs Friseurhan­dwerk.

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