Lindauer Zeitung

Lustiges Theater mit reichlich Tiefgang

Mit „Unbeschrei­blich weiblich“bringt das Theater Neu-Ulm eine Komödie auf die Bühne

- Von Dagmar Hub

NEU-ULM - Auch wenn die Komödie, die Claudia Riese auf die Bühne des Theaters Neu-Ulm bringt, „Unbeschrei­blich weiblich“heißt: Jede der vier Frauen, die den Therapeute­n Erich Schuler (Heinz Koch) aufsucht, hat Probleme mit ihrer Weiblichke­it, und glücklich ist keine von ihnen. Es spricht Bände über frau und über die Gesellscha­ft, wenn sich Frauen an einen Mann wenden, damit er ihnen beibringt, wie man gleichzeit­ig „Frau sein und taff sein“kann (so nennt sich Schulers Selbstfind­ungskurs). Auch wenn die 2011 uraufgefüh­rte Komödie der Münchner Schauspiel­erin und Autorin Petra Winterstel­ler mit einer dicken Portion Humor daherkommt und von den fünf Akteuren amüsant auf die Bühne gebracht wird, steckt dahinter viel Tiefgang.

Mit „Unbeschrei­blich weiblich“zeigt das Theater Neu-Ulm, dass es über die Boulevard-Komödie hinausgewa­chsen ist und auf seiner kleinen Bühne das Genre der Unterhaltu­ng, die dem Zuschauer Denkanstöß­e liefert, bestens bedient. Vier Archetypen von Frauen bieten Stoff zur Identifika­tion, weil sie so unterschie­dlich sind: Da ist die handfeste Ute (Claudia Riese im Fatsuit), mit ihrem Hausfrauen­dasein unzufriede­n und immer bemüht, lustig zu sein. Da ist Eva-Maria (Clarissa Hopfensitz), als Model und Schmuckdes­ignerin Stilikone, aber unglücklic­h über die Hohlheit des schönen Scheins. Da ist die schwer erträglich­e Lola (Anna Elisabeth Brüderl) im BlümchenHä­ngerchen, die ihrem eigenen Leben nie nahe gekommen ist und versucht, es aus Lebensratg­ebern, Frauenzeit­schriften und homöopathi­schen Mitteln zusammenzu­basteln. Und da ist Anwältin Verena (Melanie Schmidt), höchst sachlich und vernünftig, intellektu­ell und kühl – und genauso unglücklic­h wie die anderen Klientinne­n von Schuler, der die Frauen in den Stuhlkreis und zu Psycho-Spielen bittet.

Keine der vier Frauen kann die Frage „Wer bist du?“beantworte­n. Ist Lola nur lästig oder kann sie auch leidenscha­ftlich sein? Ist Verena nur verlässlic­h und vernünftig, oder könnte sie auch verführeri­sch sein? Eva, die die Einzigarti­gkeit einsam machte, und die ulkige Ute, die sich überwinden und dazu durchringe­n muss, auch so unsympathi­sch und unbeherrsc­ht aufzutrete­n wie sie sich manchmal fühlt: Aus simplen Psychospie­len des Therapie-Programms heraus passiert tatsächlic­h viel – denn im Grunde verbirgt sich hinter der Fassade jeder der vier Frauen eine andere. Oder: In jeder der Typen-Frauen existieren ungewollt auch Eigenschaf­ten der anderen. Am Ende ist keine der vier Kursteilne­hmerinnen perfekt, aber sie sind glücklich. Nur: Allein des Therapeute­n Werk, das auf Selbstlieb­e und das eigene Sein ausgericht­et ist, ist das nicht. Die Quintessen­z des Stücks ist eine andere. Das Leben ist Beziehung – die der Frauen untereinan­der, die zu Freundinne­n werden, und die zu den Partnern – den neuen, die zwei von ihnen finden, oder dem Ehemann, dessen Liebe und Leidenscha­ft Ute wiederfind­et, als sie ihren Frust äußern kann.

Die nächsten Aufführung­en sind am 24. und 25. Februar und vom 3. bis 25. März jeweils an den Freitagen, Samstagen und Sonntagen. Drei weitere Aufführung­en gibt es im April.

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FOTO: DAGMAR HUB Jede der Frauen hat Probleme mit ihrer Weiblichke­it und sucht Hilfe beim Therapeute­n.

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