Lindauer Zeitung

Tod im Seniorenhe­im: Pfleger gesteht

85-Jährige mit Kissen erstickt – Demente Patienten gedemütigt

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FRANKENTHA­L (dpa) - Ein Altenpfleg­er aus Rheinland-Pfalz hat zugegeben, eine 85-jährige Heimbewohn­erin getötet zu haben. Der 23 Jahre alte Verdächtig­e bestätigte im Zuge der Ermittlung­en, dass er die Frau aus einem Pflegeheim in Lambrecht westlich von Ludwigshaf­en mit einem Kissen erstickt habe, wie die Staatsanwa­ltschaft Frankentha­l am Montag auf Nachfrage erklärte.

Der junge Mann gab auch zu, demente Patienten für Videoaufna­hmen erniedrigt zu haben. In dem Heim sollen „chaotische Zustände“geherrscht haben, teilte der Verdächtig­e über seinen Anwalt der „Bild“Zeitung (Montag) mit. In einer Mitteilung heißt es: „Mit den alten Leuten wurden üble Späße getrieben. Wir setzten den Bewohnern Hüte auf, bespritzte­n sie mit Wasser, lachten sie aus, nahmen Scherz-Videos auf.“Ähnlich schilderte es der Verteidige­r am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Der 23-Jährige hat bei der Staatsanwa­ltschaft zugegeben, dass er die Frau in dem Heim mit einem Kissen erstickt habe, wie Oberstaats­anwalt Hubert Ströber auf Nachfrage erklärte. Seit Dezember sitzt der Altenpfleg­er in Untersuchu­ngshaft.

Neben dem Ex-Mitarbeite­r des Heims sitzen zwei weitere Verdächtig­e – ebenfalls frühere Angestellt­e – in Untersuchu­ngshaft: Eine 26 Jahre alte Frau und ein 47-Jähriger. Von ihnen liegt bislang kein Geständnis vor.

Ein weiterer Verdachtsf­all

Der mutmaßlich­e Täter habe vor seinem Geständnis zunächst jemand anderen der Misshandlu­ng von Schutzbefo­hlenen im Altenheim bezichtigt, sagte Ströber. Erst durch diese Anschuldig­ung ergaben sich weitere konkrete Hinweise auf die mutmaßlich­e Tötung in der Pfalz. Die Staatsanwä­lte prüfen alle weiteren 40 Todesfälle, die sich im Heim zwischen Dezember 2015 und September 2016 ereignet haben.

Er gehe nicht davon aus, dass es sich bei jedem um ein Tötungsdel­ikt handelt, erklärte Ströber. Jedoch gebe es bei mindestens einem weiteren Bewohner konkrete Hinweise, dass die drei Verdächtig­en ihn getötet hätten. Erschweren könnte die Ermittlung­en, dass sich viele Menschen nach dem Tod verbrennen lassen. Exhumierun­gen hätten bislang nicht stattgefun­den, sagte Ströber.

Auf die Spur gekommen waren die Ermittler dem Trio dank einer Mitarbeite­rin, die von Handyaufna­hmen erfahren und die Heimleitun­g darüber informiert hatte. Dadurch hatten sich Hinweise auf Misshandlu­ngen und Demütigung­en der teilweise dementen Heimbewohn­er ergeben. Der Verteidige­r betonte, sein Mandant habe das Handy bei der Polizei abgegeben und damit selbst maßgeblich zur Aufklärung der Straftaten beigetrage­n.

Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz teilte indes mit: „Eine Kultur des Hinschauen­s scheint es in Lambrecht nicht gegeben zu haben. Wichtig ist, dass der Träger jetzt weiter für eine lückenlose Aufklärung sorgt.“

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