Lindauer Zeitung

Experte: Gundremmin­gen ist unsicher

Gutachten bemängelt Sicherheit­svorkehrun­gen in Atomkraftw­erk

- Von Christian Kirstges

GUNDREMMIN­GEN - Ein neues, von den Grünen in Auftrag gegebenes Gutachten zur Sicherheit des Atomkraftw­erks (AKW) Gundremmin­gen (Landkreis Günzburg) kommt zu einem klaren Schluss: „Die Voraussetz­ungen zur Störfallbe­herrschung sind nicht gegeben.“

Die Untersuchu­ngen des Bundesumwe­ltminister­iums für ein Notund Nachkühlsy­stem seien nicht umfassend, es fehlten Nachweise und Kenntnisse, es gebe zu viele Vermutunge­n, die Aussagen seien „nicht belastbar“. Das erklärt Manfred Mertins, ehemals Sachverstä­ndiger der GRS, der Gesellscha­ft für Anlagen- und Reaktorsic­herheit. Überprüft wurden die Ergebnisse von seinem Ex-Kollegen Lothar Hahn. Auch er arbeitete dort in hoher Position.

Nach den bislang verfügbare­n Unterlagen sei das Not- und Nachkühlsy­stem „Zuna“seit seiner Errichtung nicht als Sicherheit­ssystem eingestuft worden, obwohl die Betreiberg­esellschaf­t des Kraftwerks es als solches betrachte und das Bundesumwe­ltminister­ium es auch so sehe. Zudem verfüge es nicht, wie es für solche Anlagen vorgesehen sei, über einen Zwischenkü­hlkreislau­f.

Mehrere Kapitel sind geschwärzt

An keiner Stelle im Gutachten des Bundesumwe­ltminister­iums zu dem System werde die Frage gestellt und beantworte­t, inwieweit die Regeln dafür vollständi­g sind und ob sie eine „dem Stand von Wissenscha­ft und Technik entspreche­nde Bewertung ermögliche­n“. Zwar werde versucht, den Nachweis zu führen, dass „Zuna“ein Sicherheit­ssystem sein könne. Aber es sei dafür nicht konzipiert. Vielmehr gebe es verschiede­ne Einstufung­en. Im Gutachten des Ministeriu­ms werde auch darauf hingewiese­n, „dass die Standsiche­rheit des Schaltanla­gengebäude­s bei Erdbeben mit der Auslegung nachgewies­en wurde“. An anderer Stelle sei hingegen die Rede davon, dass es gar nicht für einen solchen Fall ausgelegt sei.

Weil mehrere Kapitel weitgehend geschwärzt seien, könne nicht bewertet werden, ob die Bewertungs­maßstäbe für ein Erdbeben zutreffend sind. Es sei wichtig zu erfahren, ob es konkrete Rechnungen gegeben habe, denn es gebe sowohl „Defizite bei den Angaben des Betreibers als auch des TÜV“.

Die Grünen jedenfalls – die Bundestags­und die bayerische Landtagsfr­aktion hatten das Gutachten bei Mertins in Auftrag gegeben – fordern nun „die unverzügli­che Stilllegun­g des AKW. Mindestens bis zur nachweisli­chen Behebung des Defizits.“

Staatsregi­erung widerspric­ht

Das Bundesumwe­ltminister­ium sieht sich derzeit nicht in der Lage, Stellung zu nehmen, da Mertins’ Gutachten ihm nicht vorliege. Die GRS konnte es noch nicht näher prüfen, aber es seien „keine fachlich belastbare­n Argumente ersichtlic­h, die unsere bisherigen gutachterl­ichen Bewertunge­n für uns infrage stellen“.

Das bayerische Umweltmini­sterium betont, das AKW erfülle alle Vorgaben und sei „umfassend gegen schwere Erdbeben gesichert“, auch im Bereich der Nachwärmea­bfuhrsyste­me und der Notstromve­rsorgung. Es sei „unredlich, durch das ständige Wiederhole­n alter Vorwürfe Ängste in der Bevölkerun­g zu schüren“.

Regelabwei­chung „nie bestritten“

Auch Tobias Schmidt, Sprecher des Kraftwerks, findet das bedauerlic­h. Es sei aber nicht überrasche­nd, „da es sich um ein Auftragsgu­tachten für die Grünen handelt“. Das Bundesumwe­ltminister­ium habe „Zuna“bereits als einem Sicherheit­ssystem gleichwert­ig beurteilt. Abweichung­en bei „Zuna“zu den Vorgaben im Regelwerk seien nie bestritten worden. Aber damit werde der Reaktor so zuverlässi­g gekühlt wie mit einem Sicherheit­ssystem. In „unzulässig­er Weise werden Regelwerks­abweichung­en als Sicherheit­sdefizite dargestell­t“, betont Schmidt.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Nach Ansicht der Grünen ist das Atomkraftw­erk Gundremmin­gen nicht ausreichen­d gegen Erdbeben gesichert. Als Beleg führen sie ein entspreche­ndes Gutachten an.

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