Experte: Gundremmingen ist unsicher
Gutachten bemängelt Sicherheitsvorkehrungen in Atomkraftwerk
GUNDREMMINGEN - Ein neues, von den Grünen in Auftrag gegebenes Gutachten zur Sicherheit des Atomkraftwerks (AKW) Gundremmingen (Landkreis Günzburg) kommt zu einem klaren Schluss: „Die Voraussetzungen zur Störfallbeherrschung sind nicht gegeben.“
Die Untersuchungen des Bundesumweltministeriums für ein Notund Nachkühlsystem seien nicht umfassend, es fehlten Nachweise und Kenntnisse, es gebe zu viele Vermutungen, die Aussagen seien „nicht belastbar“. Das erklärt Manfred Mertins, ehemals Sachverständiger der GRS, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Überprüft wurden die Ergebnisse von seinem Ex-Kollegen Lothar Hahn. Auch er arbeitete dort in hoher Position.
Nach den bislang verfügbaren Unterlagen sei das Not- und Nachkühlsystem „Zuna“seit seiner Errichtung nicht als Sicherheitssystem eingestuft worden, obwohl die Betreibergesellschaft des Kraftwerks es als solches betrachte und das Bundesumweltministerium es auch so sehe. Zudem verfüge es nicht, wie es für solche Anlagen vorgesehen sei, über einen Zwischenkühlkreislauf.
Mehrere Kapitel sind geschwärzt
An keiner Stelle im Gutachten des Bundesumweltministeriums zu dem System werde die Frage gestellt und beantwortet, inwieweit die Regeln dafür vollständig sind und ob sie eine „dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Bewertung ermöglichen“. Zwar werde versucht, den Nachweis zu führen, dass „Zuna“ein Sicherheitssystem sein könne. Aber es sei dafür nicht konzipiert. Vielmehr gebe es verschiedene Einstufungen. Im Gutachten des Ministeriums werde auch darauf hingewiesen, „dass die Standsicherheit des Schaltanlagengebäudes bei Erdbeben mit der Auslegung nachgewiesen wurde“. An anderer Stelle sei hingegen die Rede davon, dass es gar nicht für einen solchen Fall ausgelegt sei.
Weil mehrere Kapitel weitgehend geschwärzt seien, könne nicht bewertet werden, ob die Bewertungsmaßstäbe für ein Erdbeben zutreffend sind. Es sei wichtig zu erfahren, ob es konkrete Rechnungen gegeben habe, denn es gebe sowohl „Defizite bei den Angaben des Betreibers als auch des TÜV“.
Die Grünen jedenfalls – die Bundestagsund die bayerische Landtagsfraktion hatten das Gutachten bei Mertins in Auftrag gegeben – fordern nun „die unverzügliche Stilllegung des AKW. Mindestens bis zur nachweislichen Behebung des Defizits.“
Staatsregierung widerspricht
Das Bundesumweltministerium sieht sich derzeit nicht in der Lage, Stellung zu nehmen, da Mertins’ Gutachten ihm nicht vorliege. Die GRS konnte es noch nicht näher prüfen, aber es seien „keine fachlich belastbaren Argumente ersichtlich, die unsere bisherigen gutachterlichen Bewertungen für uns infrage stellen“.
Das bayerische Umweltministerium betont, das AKW erfülle alle Vorgaben und sei „umfassend gegen schwere Erdbeben gesichert“, auch im Bereich der Nachwärmeabfuhrsysteme und der Notstromversorgung. Es sei „unredlich, durch das ständige Wiederholen alter Vorwürfe Ängste in der Bevölkerung zu schüren“.
Regelabweichung „nie bestritten“
Auch Tobias Schmidt, Sprecher des Kraftwerks, findet das bedauerlich. Es sei aber nicht überraschend, „da es sich um ein Auftragsgutachten für die Grünen handelt“. Das Bundesumweltministerium habe „Zuna“bereits als einem Sicherheitssystem gleichwertig beurteilt. Abweichungen bei „Zuna“zu den Vorgaben im Regelwerk seien nie bestritten worden. Aber damit werde der Reaktor so zuverlässig gekühlt wie mit einem Sicherheitssystem. In „unzulässiger Weise werden Regelwerksabweichungen als Sicherheitsdefizite dargestellt“, betont Schmidt.