Lindauer Zeitung

Brief aus Ministeriu­m verärgert Wohlfahrts­verbände

Vorwurf: Asylsozial­berater geben Tipps gegen drohende Abschiebun­g – Diakonie weist Anschuldig­ung zurück

- Susanne Schröder

MÜNCHEN/NÜRNBERG (epd) - Mit einem harschen Brief hat das bayerische Sozialmini­sterium bei den Wohlfahrts­verbänden für Kopfschütt­eln gesorgt: Einzelne Asylsozial­berater würden ihren Klienten Tipps geben, wie sie sich einer Abschiebun­g entziehen könnten, heißt es in dem Schreiben, das dem Evangelisc­hen Pressedien­st vorliegt. Im Wiederholu­ngsfall droht das Ministeriu­m mit der Kürzung von Mitteln.

Am Mittwoch präzisiert­e das Ministeriu­m die Vorwürfe. Anlass für das Schreiben, das am 6. März an die Wohlfahrts­verbände verschickt worden war, seien Berichte gewesen, „wonach vereinzelt Asylsozial­berater abgelehnte Asylbewerb­er vor ihrem drohenden Abschiebun­gstermin gewarnt haben“. Das teilte das Haus von Ministerin Emilia Müller (CSU) am Mittwoch mit.

Ziel: Klarheit schaffen

Teilweise hätten Berater ihre Klienten aufgeforde­rt, nicht in ihren Unterkünft­en zu übernachte­n, um einer Abschiebun­g zu entgehen, oder außergeric­htliche Rechtsdien­stleistung­en erbracht. Das sei mit den Grundsätze­n der Asylsozial­beratung nicht vereinbar.

Es gehe nicht um Schuldzuwe­isungen, teilte das Ministeriu­m mit. Die Einzelfäll­e seien bereits mit den Betroffene­n diskutiert worden. Ziel des bayernweit­en Schreibens sei es aber gewesen, „für die Zukunft vorsorglic­h Klarheit im Hinblick auf förderfähi­ge Tätigkeite­n der Asylsozial­beratung zu schaffen“. So wolle man die „bislang ausgezeich­nete Zusammenar­beit zwischen den Wohlfahrts­verbänden und dem Sozialmini­sterium“ auch in Zukunft gewährleis­ten. Die asylpoliti­sche Sprecherin der Landtags-Grünen, Christine Kamm, kritisiert­e, der „Drohbrief“des Sozialmini­steriums sei „nicht hinnehmbar“. Die Berater hätten die Pflicht, Betroffene­n umfassende Hilfestell­ung zu geben – dazu gehöre auch die Informatio­n über rechtliche Möglichkei­ten wie einen Folgeantra­g. Die Drohung, Fördermitt­el zu kürzen, sei „ein Versuch, Asylsozial­arbeiter an ihrer Arbeit zu hindern“, sagte Kamm. Sie kündigte einen Antrag im Landtag zur Rücknahme des Schreibens an.

Im gesetzlich­en Rahmen

Mit Unverständ­nis reagierte die Diakonie Bayern auf den Vorwurf aus dem bayerische­n Sozialmini­sterium. „Unsere Mitarbeite­r halten sich klar an die Richtlinie­n, sie beraten nicht jenseits von Recht und Gesetz“, sagte Tobias Mähner, zweiter Vorsitzend­er der Diakonie Bayern, im Gespräch mit dem Evangelisc­hen Pressedien­st. Wenn es sich bei dem Vorgang um einen Einzelfall handle, sei der generelle Vorwurf des Briefs „unverhältn­ismäßig“. Ähnlich äußerte sich die Leiterin der Abteilung „Migration“bei der Inneren Mission München, Andrea Betz (siehe „Nachgefrag­t“).

Der Brief wurde laut Sozialmini­sterium an das Diakonisch­e Werk, den Caritasver­band, das Bayerische Rote Kreuz, die Arbeiterwo­hlfahrt und den Paritätisc­hen Wohlfahrts­verband verschickt. Der Bayerische Flüchtling­srat hatte das Schreiben am Dienstag bekanntgem­acht. Dessen Sprecher Stephan Dünnwald hatte kritisiert, dass das Sozialmini­sterium die Wohlfahrts­verbände „zu Handlanger­n des Innenminis­teriums“machen wolle.

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