Über der Milliarden-Marke
Sportartikel-Hersteller Adidas steigert Konzernüberschuss um 59,3 Prozent
HERZOGENAURACH (dpa) - Für den Sportartikel-Konzern Adidas läuft es richtig gut. So gut, dass sich der seit rund einem halben Jahr amtierende Vorstandschef Kasper Rorsted des Öfteren die Frage gefallen lassen muss, ob es nicht eine Bürde sei, die Führung eines Unternehmens zu übernehmen, das in so guter Verfassung ist. Um eine Antwort nicht verlegen, konterte der 55-jährige Däne stets mit einem Bild aus der Welt des Fußballs: Lieber trainiere er einen Club aus der Champions League als einen Verein aus der zweiten Liga.
Rorsted hat nach einem Jahr mit Bestmarken mittelfristig weitere Umsatz- und Gewinnrekorde im Visier. Bis zum Jahr 2020 will das DAXUnternehmen jährlich im Schnitt um zehn bis zwölf Prozent wachsen. Beim Gewinn peilt Adidas durchschnittliche Zuwächse von 20 bis 22 Prozent an, kündigte Rorsted bei der Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens in Herzogenaurach an.
Ausbau des Onlinegeschäfts
Für 2017 geht Rorsted von einem währungsbereinigten Umsatzplus von elf bis 13 Prozent aus; dies entspräche einem Erlös von mehr als 21 Milliarden Euro. Beim Gewinn rechnet Rorsted für 2017 mit einem Anstieg von 18 bis 20 Prozent auf bis zu 1,225 Milliarden Euro. Beim Ausbau des Online-Geschäfts will er mehr Tempo machen. Statt der bisher von seinem Vorgänger Herbert Hainer bis 2020 angestrebten jährlichen zwei Milliarden Euro soll der Direktverkauf von Sportschuhen und Trikots bis dahin vier Milliarden Euro in die Adidas-Kasse spülen. Im vergangenen Jahr hatte Adidas auch dank des gut laufenden Geschäfts mit Fanartikeln zur Fußball-EM seinen Umsatz um 14 Prozent auf 19,3 Milliarden Euro gesteigert. Der Konzernüberschuss wuchs um 59,3 Prozent auf 1,020 Milliarden Euro; er lag damit erstmals in der Firmengeschichte über der Milliarden-Marke.
Einige Baustellen hat Rorsted indes von Hainer übernommen. Die USA waren vor einigen Jahren noch ein Problemmarkt. Um das zu ändern, pumpte Langzeit-Chef Hainer viel Geld ins Marketing und orientierte sich stärker am Geschmack der Amerikaner. Inzwischen ist Adidas bei der jungen Zielgruppe wieder angesagt. Rorsted muss aber weiterhin viel in den USA investieren. Der Abstand zu Marktführer Nike ist noch immer gewaltig. Zurückhaltend äußerte sich Rorsted zu möglichen Folgen der von US-Präsident Donald Trump angekündigten protektionistischen Handelspolitik. Von Trumps Forderung, Produktionen stärker in die USA zu verlagern, wären dann alle global operierenden SportartikelHersteller betroffen, da keiner von ihnen mehr in westlichen Ländern produziere, gab der Adidas-Chef zu bedenken. „Wenn das wirklich kommt, sehen wir uns alle im selben Boot.“
Beim Verkauf der Golfmarken Taylormade, Adams und Ashworth hakt es. Anders als geplant, hat Adidas derzeit noch keinen Käufer. Die Verluste der Marken seien viel höher als angenommen, schrieb die „New York Post“vergangene Woche. Fakt ist, dass immer weniger Menschen Golf spielen, der Markt schrumpft. Adidas will sich daher auf die Produktion von Kleidung und Schuhen für den Sport beschränken.
Der Druck auf die Fitness-Tochter Reebok nimmt zu. Die Marke wächst nur außerhalb des amerikanischen Heimatmarkts und weitaus schwächer als die Hausmarke Adidas. Seit Jahren wird spekuliert, wann sich Adidas von der 2006 zugekauften Tochter trennt. Rorsted scheint zumindest ungeduldiger zu sein als sein Vorgänger. In jedem Sport müsse jedes Mannschaftsmitglied seinen Beitrag zum Gesamterfolg des Teams leisten, hatte er im Herbst 2016 gesagt und erste Einschnitte eingeleitet. Dazu gehört der Abbau von 150 Jobs. Zudem wird etwa die Hälfte der Outlets und Läden von Reebok in Nordamerika geschlossen.
Rorsted will Adidas noch digitaler machen. Bereits jetzt schon vernetzt sich der Konzern mit seinen Konsumenten, studiert das Kaufverhalten und die Sportgewohnheiten, um besser auf Wünsche reagieren zu können. Digitaler heißt auch schneller.
In Ansbach testet Adidas seit dem vergangenen Jahr Automatisierungstechniken für die Herstellung von Schuhen. In der sogenannten Speedfactory sollen Roboter eine halbe Million Paar pro Jahr fertigen. Eine weitere Anlage ist in den USA geplant. Tests gab es kürzlich auch mit Klamotten. In einem Pop-up-Store in Berlin konnte man sich seinen persönlichen Pullover stricken lassen.