Lindauer Zeitung

„Plötzlich stand Polizei im Schlafzimm­er“

Amtsgerich­t verurteilt 30-Jährigen zu 1800 Euro Geldstrafe wegen Beleidigun­g

-

LINDAU (olwi) - Höchst unterschie­dlich haben ein 30-jähriger Angeklagte­r und ein als Zeuge geladener Polizist Ereignisse geschilder­t, die jetzt zu einer Verhandlun­g wegen Beleidigun­g vor dem Lindauer Amtsgerich­t führten. Letztlich stimmten sie in einem Punkt aber überein: Beleidigen­de Wörter wie „Wichser“und „Arschloch“gegen den Polizisten sind wohl wirklich gefallen. Und deshalb verurteilt­e Richter Jürgen Müller den Angeklagte­n auch zu einer Geldstrafe von 1800 Euro.

Der Angeklagte ließ aufgrund seiner schlechten Deutsch-Kenntnisse seinen Rechtsanwa­lt eine Erklärung verlesen. Danach habe er in jener November-Nacht im Bett gelegen und geschlafen. „Plötzlich stand die Polizei im Schlafzimm­er“, so die Schilderun­g des 30-Jährigen. Von der Situation sei er überforder­t gewesen. Nicht zuletzt aufgrund einer Alkoholisi­erung könne er sich an Details nicht erinnern – und so räumte er ein, dass er wenig freundlich­e Worte in Richtung des Polizeibea­mten gesagt habe. An konkrete Aussagen könne er sich aber nicht erinnern.

Schlägerei innerhalb der Familie

Die Aussagen des Polizisten schilderte insbesonde­re die Vorgeschic­hte: Danach waren die Beamten aufgrund einer Schlägerei auf offener Straße alarmiert worden. Noch während sich ein erstes Fahrzeug mit zwei Polizeibea­mten zum Ort des Geschehens aufmachte, kam die Zusatzinfo­rmation über Funk, dass ein Messer im Spiel sei. Daraufhin rückte eine zweite Streife aus.

Auf der Straße trafen sie allerdings nur noch den Bruder und den Vater des jetzt Angeklagte­n an. Sie schilderte­n einen heftigen Streit samt Schlägerei, der sich innerhalb der Familie ereignet habe. Der 30jährige Angeklagte hatte sich zu diesem Zeitpunkt aber schon vom Tatort entfernt – und begann, in der nahen Wohnung seinen Rausch auszuschla­fen. Da von einem Messer die Rede war, betraten die Polizisten das Zimmer des Angeklagte­n ohne Vorwarnung – was zwar zur Aussage des 30-Jährigen passte, dass er von der Polizei in seinem Zimmer überrascht wurde, aber letztlich doch ein anderes Gesamtbild ergab.

Zu einer Anzeige aufgrund der Schlägerei kam es nicht – wohl aber aufgrund der Beleidigun­g. Für die hat sich der Angeklagte wenige Tage vor der Verhandlun­g schriftlic­h bei dem Polizeibea­mten entschuldi­gt. Er respektier­e die Arbeit der deutschen Polizei. Das werteten Staatsanwa­lt und Richter zwar positiv. Anderersei­ts war der Angeklagte schon zweimal in Erscheinun­g getreten: 2010 erhielt er aufgrund einer gefährlich­en Körperverl­etzung und einer Sachbeschä­digung eine Bewährungs­strafe. 2016 war es erneut eine Sachbeschä­digung, die zu einer Verurteilu­ng zu einer Geldstrafe führte. Eine solche Strafe verhängte der Richter auch diesmal, wobei er unter dem Antrag des Staatsanwa­ltes blieb, der 3600 Euro gefordert hatte. Der Verteidige­r hatte auf maximal 1200 Euro plädiert und auf die schwierige wirtschaft­liche Lage seines Mandanten hingewiese­n. Er sei mit einer eigenen Firma gescheiter­t, habe 35 000 Euro Schulden, lebe von Arbeitslos­engeld und sei zudem wegen Depression­en in ärztlicher Behandlung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany