Lindauer Zeitung

Aus dem See in den Tee

Wie kommt eigentlich das Bodenseewa­sser, in dem Sie im Sommer baden, zu ihnen nach Hause?

- Von Niklas Scholz und Finnegan Kistner

„Der schönste Arbeitspla­tz Süddeutsch­lands“, mit diesen Worten beschreibt Georg Gewinner seinen Arbeitspla­tz im Seewasserw­erk Nonnenhorn, welches nun schon seit über 50 Jahren existiert.

Georg Gewinner steht vor einer riesigen Schaltzent­rale, welche mit den unzähligen Knöpfen und Hebeln an ein Flugzeugco­ckpit erinnert. Man hört nur ein leises Summen, welches von einem Computer kommen könnte. Von hier aus kann er das komplette Seewasserw­erk steuern und in Notfallsit­uationen bestimmte Bereiche ausschalte­n oder eine der zusätzlich­en Pumpen aktivieren. Des Weiteren sind durch diese Zentrale nur noch wenige Arbeitskrä­fte vonnöten, welche rund um die Uhr im Bereitscha­ftsdienst arbeiten und auf die großen Pumpen aufpassen, welche in relativ kleinen Räumen laut vor sich hin brummen.

Diese saugen das Seewasser aus zirka 60 Metern Tiefe an die Oberfläche. Hier durchläuft es unzählige Rohre, welche streng geordnet nach Farbe durch einen gigantisch­en Raum verlaufen. Dieser geordnete und saubere Eindruck ist überall im Werk bemerkbar. Man läuft auf großen Gitterplat­ten und hört nur das Klirren der Platten, welche durch die Schritte vibrieren.

Nun durchläuft das Seewasser die riesigen grünen Filter, welche für ihre Größe erstaunlic­h leise sind. Der Raum, in dem Georg Gewinner nun steht, ist sehr hoch und hat eine angenehme Temperatur. Dort wird das Wasser durch Sedimentfi­lterung gefiltert, es durchläuft viele Schichten aus kleinsten Steinen, wie sie in der Natur vorkommen, dies ist vergleichb­ar mit einem Kaffeefilt­er, durch den man Wasser laufen lässt. Hierbei werden kleine Stoffe herausgefi­ltert und vor allem Bindemitte­l gelöst.

Nun erzählt Gewinner ein wenig über das Leitungssy­stem und wie früher das Wasser transporti­ert wurde, nämlich über dünne kleine Holzleitun­gen, wie man sie aus alten Geschichte­n kennt. Das Seewasserw­erk hat eine weitere wichtige Anlage, welche die Chlorreini­gung ersetzt hat, die Ozonanlage. In dieser Anlage spalten mehrere tausend Volt den Sauerstoff. Die dadurch entstanden­en Bläschen werden über dünne Leitungen in das Wasser gepumpt; nach dieser Behandlung ist das Wasser nahezu komplett steril. Dieser sterile Eindruck wird durch die große kalte Halle unterstütz­t, in der die Anlage steht. Diese Anlage darf nur unter hohen Sicherheit­svorkehrun­gen und von einem speziell dafür ausgebilde­ten Laboranten betreten werden. Man fühlt sich ein bisschen wie in einem James-Bond-Film.

Das Seewasserw­erk produziert trotz strenger EU-Gesetze ein weitaus saubereres Wasser als vorgeschri­eben. Dies belegt auch die Qualitätsk­ontrolle mit Bodenseefo­rellen. Die Forellen liegen im Normalfall ruhig auf dem Grund des Beckens. Sollte das Wasser jedoch nicht mehr so sauber sein, würden die Forellen wild im Becken umherschwi­mmen und darauf hinweisen, dass etwas mit dem Wasser nicht stimmt. Dies ist auch einer der vielen Gründe, weshalb Georg Gewinner folgendes Fazit zieht: „Die Wasservers­orgung wird auch in Zukunft auf sicheren Füßen stehen.“

Jetzt muss das kristallkl­are Wasser nur noch durch eine der vielen Leitungen bis zu Ihrem Wasserhahn fließen, und Sie können sich beruhigt ihren Tee kochen.

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FOTO: NIKLAS SCHOLZ Blick in die Ozon-Reinigung

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