Freispruch für Polizisten
Amtsgericht Tettnang stellt keine Strafvereitelung fest
TETTNANG - Am Ende bleibt ein G’schmäckle – aber mehr auch nicht: Nach vier Verhandlungstagen hat das Amtsgericht Tettnang am Dienstag zwei Polizeibeamte vom Vorwurf der versuchten Strafvereitelung im Amt freigesprochen.
12. September 2015, 22.30 Uhr, am Seewaldkreisel: Ein Auto nimmt einem anderen Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt und brettert quer über den Kreisel hinweg. Nach wenigen Metern stellt der Unfallfahrer sein Auto ab und torkelt über die Fahrbahn. Zeugen halten den offensichtlich betrunkenen Mann fest und rufen die Polizei. Das Führungs- und Lagezentrum beordert einen Streifenwagen an die Unfallstelle. Auf dem Weg dorthin erfährt zumindest einer der beiden Polizisten über die Halterabfrage, dass das Unfallauto einem Vorgesetzten gehört.
Als die Beamten ankommen, hat sich der Unfallverursacher losgerissen und ist zu Fuß in den Wald geflüchtet. Obwohl ein Zeuge einen der Polizisten bedrängt, nimmt keiner von beiden die Verfolgung auf – stattdessen befragt einer die Zeugen, der andere sichert die Unfallstelle ab. Der geflüchtete Mann wird in dieser Nacht nicht mehr gefasst. Erst später wird ihm die Trunkenheitsfahrt nachgewiesen. Für Staatsanwalt Mathias Brütsch stand nach der Beweisaufnahme und verschiedenen Zeugenaussagen fest, dass sich einer der beiden Polizisten einer versuchten Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht hat. Er beantragte für den einen Beamten eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 80 Euro, für dessen Kollegen einen Freispruch Verteidiger Marcus Ehm erklärte, dass es laut Bundesgerichtshofsurteil „keine Verfolgungspflicht“gebe und es im Einzelfall auf das „pflichtgemäße Ermessen des Beamten“ankomme.
Er stellte auch die Frage, was in diesem Fall angemessen gewesen sei, um einen Erfolg zu erzielen. „Blindlings in den Wald hineinzurennen, ohne den Verfolgten zu sehen, das halte ich für Quatsch“, sagte Ehm. Sein Mandant habe sich an alle Dienstvorschriften gehalten. Ehm betonte zudem, dass der Streifenbeamte überhaupt kein Motiv gehabt habe, seinen Vorgesetzten zu schützen – und für ein solches Vergehen die eigene berufliche Zukunft aufs Spiel zu setzen. Ein Tatvorsatz sei ebenfalls überhaupt nicht zu erkennen.
Richterin Heike Jacob folgte der Argumentation der Verteidigung fast auf der ganzen Linie. Bis auf ein paar kleinere Nachlässigkeiten konnte sie kein Fehlverhalten feststellen.