Lindauer Zeitung

„Ein heller Stern ist verblasst“

Amtsgerich­t verurteilt Entrümplun­gsunterneh­mer wegen Diebstahls zu Bewährungs­strafe

- Von Janine Napirca

FRIEDRICHS­HAFEN - Wegen Diebstahls in zwei Fällen hat das Amtsgerich­t Tettnang einen 57-Jährigen aus Friedrichs­hafen zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitss­trafe auf Bewährung verurteilt. Der Angeklagte hatte gestanden, als Entrümplun­gsunterneh­mer zwei Auftraggeb­er bestohlen zu haben.

Aufgeklärt werden konnte diese Straftat vor allem durch aufmerksam­e Sparkassen­mitarbeite­r. Sie wurden hellhörig, als der 57-Jährige Sammlermün­zen im Wert von knapp 150 000 Euro bei seiner Bank schätzen lassen und verkaufen wollte. Die Bankangest­ellten informiert­en aufgrund des Geldwäsche­gesetzes die Polizei, die anschließe­nd Ermittlung­en einleitete. Bei einer Hausdurchs­uchung fanden die Beamten 14 500 Euro aus einem ersten Beutezug des Angeklagte­n.

Erheblich erschwert wurde die Arbeit der Kriminalpo­lizei, weil der Beschuldig­te immer wieder falsche Angaben zur Herkunft der Münzen machte. Drei Wochen dauerte es schließlic­h den wahren Besitzer ausfindig zu machen. Der so genannte „Goldschatz“entstammte einer Entrümpelu­ng in der Kitzenwies­e. Die Nichte des bereits 2013 verstorben­en Münzsammle­rs ist als Alleinerbi­n eingesetzt und wohnt 600 Kilometer entfernt. Deswegen entschied sie sich für kleinere Teilentrüm­pelungen der vollgestel­lten und vermüllten Eigentumsw­ohnung. Mit den ersten beiden Entrümpelu­ngen im Jahr 2013 sei sie sehr zufrieden gewesen und beschrieb die Mitarbeite­r der Entrümplun­gsfirma als „sehr fleißig“. Sie war schockiert, als 2015 plötzlich Polizisten vor ihrer Tür standen und sie auffordert­en, die Friedrichs­hafener Kriminalpo­lizei zu kontaktier­en. Vom Verhalten des Unternehme­rs zeigte sie sich sehr enttäuscht, und auch Richter Hussels erklärte: „Sie bekommen als Unternehme­r einen Vertrauens­vorschuss von ihren Auftraggeb­ern. Dieses Vertrauen haben sie mehr als einmal verspielt.“

Die Beweggründ­e der Tat des Unternehme­rs, der keine finanziell­en Schwierigk­eiten hatte, seien umso weniger verständli­ch, wenn man bedenke, dass er sich seit Jahrzehnte­n sozial engagiere.

Das vergleichs­weise milde Urteil begründete das Schöffenge­richt mit der Erwartung, es handele sich um eine einmalige Verfehlung. An die Bewährungs­auflagen geknüpft ist eine Schadenser­satzzahlun­g der bereits verkauften Münzen im Wert von 200 Euro an die Geschädigt­e und eine Geldauflag­e von 1500 Euro an den Betreuungs­verein St. Martin in Ravensburg.

Da sowohl die Staatsanwa­ltschaft als auch der Angeklagte und sein Verteidige­r einverstan­den waren, ist das Urteil rechtskräf­tig.

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