CSU will Wahlrechtsreform rückgängig machen
Angestrebtes Auszählverfahren begünstigt größere Parteien – Opposition spricht von Machtmissbrauch
MÜNCHEN (lby) - Die LandtagsCSU will eine 2010 einstimmig beschlossene Reform des Kommunalwahlrechts rückgängig machen. Sie will zurück zu einem Auszählverfahren, das tendenziell die größeren Parteien begünstigt – also in Bayern vor allem die CSU selbst. Die Opposition protestiert.
Ziel des CSU-Antrags ist es, dass künftig nicht mehr nach dem HareNiemeyer-Verfahren ausgezählt wird, sondern nach dem d’Hondt’schen Höchstzahlverfahren. Dieses gilt eigentlich als überholt und wird heute fast nirgendwo in Deutschland bei Kommunalwahlen mehr angewandt: nach einer Übersicht der Experten von wahlrecht.de nur noch im Saarland und in Sachsen.
Die Grünen kritisierten den CSUVorstoß mit scharfen Worten. „Die CSU weiß, dass die Sitzverteilung nach Hare-Niemeyer gerechter ist, und sie weiß auch, dass das Verfahren nach d’Hondt kleine Parteien benachteiligt“, sagte der kommunalpolitische Sprecher Jürgen Mistol. Der CSU gehe es nur darum, „ihre Machtstellung zu verfestigen“.
Grüner zieht Trump-Vergleich
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann verglich die CSU mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump: „Die CSU verfährt nach der billigen Methode Trump. Errungenschaften der Vorgängerregierung – an der sie selbst beteiligt war – werden mit der Arroganz der Macht kassiert.“FreieWähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger warf der CSU einen „klaren Fall von Machtmissbrauch“vor. Sie trete „den Wählerwillen mit Füßen“.
Die CSU hatte bei der Reform 2010 noch selbst argumentiert, dass das Verfahren nach d’Hondt zwar ein von der Rechtsprechung als verfassungsmäßig angesehen sei, aber tendenziell größere Parteien und Wählergruppen begünstige. „Das Verfahren nach Hare-Niemeyer bildet demgegenüber den Wählerwillen hinsichtlich kleinerer Parteien und Wählergruppen besser ab.“
Die geplante Rolle zurück begründet die CSU nun damit, dass „bei einem weiteren Erstarken populistischer Parteien die Gefahr der Zersplitterung“von Kommunalparlamenten bestehe, sodass deren Arbeit erschwert werde. Diese Argumentation nannte Mistol „durchsichtig“. Tatsächlich hatte die CSU der Wahlrechtsreform 2010 nur zugestimmt, weil sie in der damaligen Koalition mit der FDP dazu gezwungen war.
Der CSU-Innenexperte Florian Herrmann betonte nun: „Die CSU setzt sich für starke und arbeitsfähige Kommunalparlamente ein.“Seit 2010 aber seien kleine Gruppen überproportional in die Gremien eingezogen. „Anders als bei Landtagsund Bundestagswahlen gibt es bei Kommunalwahlen keine FünfProzent-Hürde. Deshalb müssen wir die Zersplitterung von Entscheidungsgremien wie früher über das bewährte Sitzverteilungssystem regeln“, so der CSU-Politiker.