Notrufnummern für Seelen-Krisen
Neues Angebot der Suizidprävention – Viele Kranke vertrauen sich dem Hausarzt an
KEMPTEN/OBERALLGÄU - Ein kleines gelbes Heftchen könnte im Ernstfall Leben retten. Denn das kleine gelbe Heftchen enthält Notrufnummern. Nicht nur die des Rettungsdiensts (112), sondern ganz spezielle: Telefonnummern für Menschen, die verzweifelt sind, die nicht mehr weiter wissen, die in Krisen stecken und dringend fachliche Hilfe brauchen. Dann, wenn sie keinen Ausweg mehr wissen.
Das kleine gelbe Heftchen hat Pfarrerin Jutta Schröppel von der Koordinationsstelle für Suizidprävention im evangelischen Dekanat Kempten mit der Leitung der Depressionsgruppen und Angehörigen psychisch Kranker aufgelegt. Aus einem einfachen Grund: Damit die verschiedenen Einrichtungen für Menschen in Notlagen schnell zu erreichen sind.
Seit zweieinhalb Jahren ist Jutta Schröppel die – wie sie sagt – deutschlandweit einzige, die eine halbe Stelle als Koordinatorin Suizidprävention inne hat.
Für Menschen, die reden wollen
Sie sieht sich vor allem als Anlaufstelle für Menschen, die reden wollen, setzt auf Prävention, auf Vorsorge. Und sie will mit einem Vorurteil aufräumen, das man immer wieder hört: Dass Menschen, die über Suizid reden, es nicht tun. „Das stimmt einfach nicht“, sagt Schröppel und greift dabei auf Erfahrungen mit den Beratungsstellen, aber auch auf Fortbildungen bei der deutschen Gesellschaft für Suizidprävention zurück. Und auf die ersten Ergebnisse einer örtlichen Forschungsgruppe, die sich mit den Ursachen von Suizid befasst. Dabei fällt ihr manches auf: Ein Motiv für Suizid sind Erkrankungen, allerdings nicht nur psychische, sondern auch körperliche wie HerzKreislauf-Krankheiten. Sie bringen laut Schröppel die Menschen oft ans Limit, in die Situation, ihre Lage nicht mehr ertragen zu können.
Eine weitere Erkenntnis: Der erste Weg Suizidgefährdeter ist für die meisten der zum Hausarzt. Er spiele eine wichtige Rolle. Dort würden sie ihr Herz ausschütten, auch ihre psychischen Probleme ansprechen. Da will Schröppel mit ihren Ideen ansetzen. Hausärzte müssen ihrer Ansicht nach mehr die Seele ihrer Patienten im Blick haben. Sie könnten sehr wohl Depression diagnostizieren und in bestimmen Formen behandeln.
Notlagen bahnen sich an
In Zusammenarbeit mit dem Bezirkskrankenhaus will Schröppel hier ansetzen und Schulungen anbieten. Die Pfarrerin sieht sich als „Impulsgeber“. Viel nimmt sie dabei von der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention mit. Dort wird sie in ihren Erkenntnissen gestärkt. Auch dort hält man die Bedeutung von Krankheiten und die Rolle des Hausarztes für wichtig bei Menschen, die psychisch krank sind. „Denn Krisen bahnen sich an“, sagt Schröppel. Es gibt Hilferufe, auf die man achten müsse. Wichtig sei hier die Rolle der Angehörigen. Oft wissen sie nicht, wie sie sich richtig verhalten.
Auch dazu ist der kleine gelbe Flyer mit den Notrufnummern geeignet. Die Adressen und Telefonnummern – von der Telefonseelsorge über den sozialpsychiatrischen Dienst bis zur psychologischen Beratungsstelle – vermitteln Beratung und psychologische Hilfe. Die Menschen sollen unbürokratisch und schnell Unterstützung bekommen. Ganz wichtig dabei: Die Einrichtungen unterliegen allesamt der Schweigepflicht.