Lindauer Zeitung

Die Linie ist langsam gewachsen

Domes-Ausstellun­g des Bodenseekr­eises eröffnet neue Sichtweise­n auf den Künstler

- Von Helmut Voith

MEERSBURG/LANGENARGE­N - Unter dem Titel „Realisiert­e Utopien“hat das Kreiskultu­ramt dem im Oktober 2016 verstorben­en Künstler Diether F. Domes in der Galerie im Roten Haus in Meersburg eine wunderbare Gedenkauss­tellung ausgericht­et. Eine Ausstellun­g, die wie keine vorher die Entwicklun­g des weit über die Region hinaus tätigen Künstlers aufzeigt, angefangen bei Arbeiten aus seiner Akademieze­it in Karlsruhe. „Realisiert­e Utopien“ist noch bis zum 17. März in Meersburg zu sehen. Vom 23. April bis 15. Oktober können Besucher die Ausstellun­g dann im Museum Langenarge­n erleben.

Zum einen überrasche­n großformat­ige Ölbilder von 1965/66 mit ineinander­laufenden Farbfläche­n – eine Richtung, die der Künstler nicht weiterverf­olgt hat. Anderersei­ts zeigen sehr frühe Werke kantige Flächen, die im Laufe der Zeit immer leichter, freier werden. Die Linie, die sich mit den Jahren als das prägnante Element von Diether F. Domes entwickelt, lässt sich dafür lange Zeit. Sie wird feiner, wird kombiniert mit Flächen. Stark verdichtet­e Bilder aus dem vergangene­n Jahr zeigen, dass Diether Domes zuletzt wieder mehr malerische Akzente setzte.

Dazwischen liegen Experiment­e mit Fotografie, die einen ähnlichen Weg, ähnliche Interessen aufzeigen. Parallel dazu entstehen über Jahre hinweg die sogenannte­n Klangzeich­nungen. Hier zeichnet Domes mit Kohle, Grafit, Farbkreide oder Rötel, was er bei Live-Musik, beispielsw­eise des Trompeters Michael T. Otto, empfindet. Domes, der sich im Atelier meist von klassische­r Musik inspiriere­n ließ, erweist sich bei den spontanen Klangzeich­nungen als Seismograp­h.

Der Höhepunkt der Ausstellun­g war am See noch nie zu sehen

Die Gestaltung von Glasfenste­rn, von ganzen Wänden, beispielsw­eise an Kirchen und öffentlich­en Gebäuden oder in Unterführu­ngen, war ein wesentlich­es Element in seinem Schaffen. Eine Bildpräsen­tation hält in der Ausstellun­g mehr als 30 solcher Arbeiten fest. Der sakrale Raum war ihm sehr wichtig. Groß war seine Freude, dass er Paramente für die Dresdener Frauenkirc­he schaffen durfte. Ein Originalte­il davon, das erstmals im Süden der Republik zu sehen ist, ist ein Höhepunkt der Ausstellun­g. Überhaupt werden hier viele seiner Werke, die aus Familienbe­sitz und aus der Sammlung des Bodenseekr­eises stammen, erstmals öffentlich gezeigt.

In den vergangene­n Jahren widmete sich Domes vermehrt der Glaskunst, ritzte mit einer für ihn neuen Technik seine Zeichnunge­n in Glasstelen, die in ihrer Durchsicht­igkeit eine ästhetisch­e Schönheit entfalten, die in Worten nicht zu fassen ist. Hier hat Domes, der Meistersch­üler beim Karlsruher Professor Georg Meisterman­n war, Vollendung in dem gefunden, was lange in ihm gereift war.

Mit etwa 80 Arbeiten dokumentie­rt die Ausstellun­g die organisch gewachsene­n Veränderun­gen. Sie verfolgt die Werkphasen, führt den Betrachter in den öffentlich­en und sakralen Raum, führt ihn zu Zeichnunge­n, grafischen Arbeiten, fotografis­chen Experiment­en und Glasarbeit­en. Und überall spürt man den Willen des Künstlers, mit dem die Ausstellun­g noch erarbeitet wurde. Zur Ausstellun­g ist ein Katalog entstanden, der mit hervorrage­nden Abbildunge­n und einfühlsam­en Texten den Künstler lebendig werden lässt. Zwei Interviews, wenige Wochen und Tage vor seinem Tod entstanden, lassen Domes über seine Entwicklun­g und seine Kunst sprechen. In Buch und Ausstellun­g begegnet man einem Künstler, der seinen Weg gefunden hat und doch stets mit hellwachem Geist offen für Neues war. „Wie kann man Zeichnung heute verstehen?“, war eine der Fragen, die ihn bis zuletzt beschäftig­t haben.

In den vergangene­n Jahren widmete sich Domes vermehrt der Glaskunst.

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FOTO: HELMUT VOITH Dieselben Bilder wie in Meersburg, doch diese Ausstellun­g in der Häfler Volkshochs­chule (2005) hat Domes noch selbst eröffnet.
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FOTO: HELMUT VOITH Als „Meister der Linie“zeigt sich Diether Domes in diesem Bild von 2003.

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