Bis jetzt wartet die CDU gelassen ab
Wenig Frontalangriffe auf SPD-Kandidat Schulz – Bareiß sieht noch viel Wahlkampfarbeit
BERLIN - Wenn Martin Schulz an diesem Sonntag in Berlin zum neuen SPD-Chef gewählt wird, feiert seine Partei das in glänzender Laune. Was aber ist mit der Union? Wie sieht man hier den neuen Herausforderer Angela Merkels und wann wird man ihn angreifen?
„Jetzt ist die Schonzeit vorbei“, heißt es bei manchen Christdemokraten in Berlin. Denn ab dem Zeitpunkt, an dem Schulz SPD-Chef ist, sitzt er auch in der Koalitionsrunde und kann dann für Beschlüsse – oder aber deren Verhinderung – mitverantwortlich gemacht werden.
Doch bis jetzt geht die Union recht pfleglich mit Martin Schulz um. Er hat bis auf seinen AgendaVorstoß noch nicht viel Angriffsfläche geboten. Das könnte sich ändern, wenn er am Sonntag wie erwartet mehr von seinem Programm vorstellt.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Bezirksvorsitzende Württemberg-Hohenzollern, Thomas Bareiß, ist „fast dankbar“für den Kandidaten Schulz. Denn damit werde jetzt ganz deutlich, dass die SPD Rot-Rot-Grün anstrebe. „Das ist eine Chance für uns, ganz klar Kante zu zeigen“, sagt Bareiß. Die CDU könne bei ihren Kernthemen Wirtschaft, Wachstum, Sicherheit punkten. „Die Heimat zu bewahren, das was uns lieb ist zu schützen, das ist eines unserer Kernthemen,“meint der konservative CDU-Politiker. Tatsächlich wird über die Leitkultur, einst nur von der Union gefordert, aufgrund der jüngsten Entwicklungen langsam parteiübergreifend nachgedacht.
Generalsekretär setzt auf Ruhe
Für Thomas Bareiß steht fest, dass zwar erst einmal eine gewisse Gelassenheit gefragt ist, weil der SchulzEffekt bestimmt abflachen werde. Aber auch, dass man in diesem Jahr keinen Wahlkampf im Schlafwagen machen könne. „Wir müssen die Rüstung anziehen, wir müssen kämpfen, wir müssen klare Kante zeigen, um unsere Anhänger und Wähler zu motivieren.“
Auch CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn drängte bereits in einem Interview: „Wir müssen uns vom Geist der großen Koalition befreien – und zwar schnell.“Doch während die ersten die CDU und ihre Chefin Angela Merkel zu mehr Offensive drängen, bleibt CDU-Generalsekretär Peter Tauber noch ruhig. „Wir freuen aus auf einen fairen Wahlkampf mit der SPD“, sagt er. Läufer Tauber hat diesen Wahlkampf schon mit einem Marathon verglichen, bei dem sich erst ab Kilometer 30 der Lauf entscheide. Da sei man aber noch lange nicht. „Unser Plan ist klar. Wir werden weiter ordentliche Arbeit in der Regierung machen, parallel intensiv unsere Wahlkämpfer vorbereiten und gemeinsam mit der CSU ein überzeugendes Regierungsprogramm erarbeiten, das deutlich macht: Die SPD hadert noch immer mit der eigenen Vergangenheit und vollführt eine Rolle rückwärts. Die Union dagegen nimmt Deutschland 2025 in den Blick, damit unser Land stark bleibt und alle etwas davon haben“, so Tauber.
Meinungsforscher Manfred Güllner hält diese Gelassenheit für angebracht. Denn es herrsche keine Wechselstimmung im Land. Kanzlerin Angela Merkel werde nach wie vor von vielen als Garant von Stabilität empfunden und die Mehrheit habe keine massiven Vorbehalte gegen Merkel. „Deshalb kann sie in Ruhe abwarten", so Güllner. Er meint, dass die Wähler, anders als die Funktionäre von Parteien, ohnehin das Draufschlagen gar nicht so schätzen. Güllner erinnert daran, wie Kanzler Gerhard Schröder 1998 seinen Wahlkampf gegen Helmut Kohl mit der Devise bestritten habe, man wolle nicht alles anders machen, aber vieles besser. Diese Art werde geschätzt.
Drängendere Töne kommen aus der CSU. Bayerns Finanzminister Markus Söder meinte, es habe sich schon gezeigt, dass Schulz nicht nur ein Strohfeuer entfacht habe. Es werde nicht reichen zu sagen, was man in der Vergangenheit gut gemacht habe. Stattdessen sei es wichtig, dass Merkel jetzt zusätzliche „Motivationsarbeit für die Basis“leiste.
Angela Merkel aber kümmert sich um ganz andere Sachen. Wenn am Sonntag Martin Schulz zum SPDChef gewählt wird, kommt sie voraussichtlich gerade aus Washington zurück.