Gemeinden finden keine Grundstücke
Lage am Immobilienmarkt macht Kommunen zu schaffen
OBERALLGÄU - Der letzte Bauplatz in Durach ist verkauft. Die Gemeinde hat keine weiteren Grundstücke, die sie Häuslebauern anbieten kann, sagt Bürgermeister Gerhard Hock. Denn die schwierige Lage am Immobilienmarkt trifft neben Bürgern auch die Oberallgäuer Gemeinden und andere staatliche Stellen: Sie finden keine Grundstücke.
„Dass wir als Kommune Flächen kaufen, ist nicht reiner Selbstzweck“, sagt Hock. Das sei Aufgabe der Gemeinde, um etwa Einfluss darauf zu nehmen, wie sich das Ortsbild entwickelt. „Eine Gemeinde braucht auch Freiräume, die Leben ermöglichen und nicht nur Funktionen erfüllen“, sagt Hock. Doch ohne Grundstücke ist das schwierig: „Man muss mit diesen Grenzen leben – auch wenn es schwerfällt. Die Lage wird sich aber sicherlich auch wieder ändern.“
Dass Immobilien für Gemeinden ein Dauerthema sind, bestätigt auch Theo Haslach, Rathauschef in OyMittelberg. „Es ist Aufgabe des Bürgermeisters, an diesem Thema dran zu bleiben.“Denn egal, um welchen Bereich der Kommunalpolitik es geht: „Für fast jede Maßnahme ist Grund nötig. Das geht bei fünf Quadratmetern los und ist nach oben hinaus unbegrenzt.“
Als Beispiel nennt Haslach die Frage, wo ein Ersatz für das marode Rathaus entstehen soll: „Durch den Kauf des Gasthofs Löwen haben wir nun eine zusätzliche Option.“Ein aktueller Fall, bei dem sich die Lage am Immobilienmarkt auf die Arbeit der Gemeinde auswirkt, sei die Straße zwischen Oy und Mittelberg. „Sie soll auf 900 Metern erneuert werden.“Doch weil Geld auf der Bank aktuell kaum Zinsen abwirft, würden Grundeigentümer derzeit oft nicht verkaufen wollen. Die Konsequenz: „Wir bauen die Straße erst mal nur auf 700 Metern neu.“
Ebenfalls oft mit Grundstücksverhandlungen befasst ist das Wasserwirtschaftsamt in Kempten. Wenn etwa Deiche gegen Hochwasser gebaut oder Flüsse umgeleitet werden, ist jedes Mal Grund nötig. „Bei Hochwasserschutz sehen das Eigentümer eher ein – schwieriger ist es, wenn es um ökologische Verbesserungen geht“, heißt es aus dem Amt.
Ein solches Beispiel sind derzeitige Arbeiten am Iller-Ufer südlich von Kempten. Auf der Waltenhofener Seite des Flusses wurde bereits begonnen, das Ufer abzuflachen (wir berichteten). Doch auf Sulzberger Seite fehlen noch immer Grundstücke, um loslegen zu können. „Wir haben mit zehn Bauern je zehn Gespräche geführt - jetzt fehlen nur noch zwei Flurstücke“, sagt ein Mitarbeiter des Amtes.
Ein Trick, den das Wasserwirtschaftsamt oft anwende, sei folgender: Statt eine Fläche abzukaufen, wird eine andere zum Tausch angeboten. Dabei seien die Wünsche der betroffenen Landwirte zu berücksichtigen: Das neue Feld sollte qualitativ natürlich dem alten entsprechen. Wenn es also feuchter ist als das alte, sollte es zumindest größer sein. Und nah am Hof liegen. Und der Zuschnitt sollte geeignet sein, um darauf mit dem Traktor zu wenden. „Um das zu erfüllen, tauschen wir oft Flächen mehrerer Landwirte, bis alle zufrieden sind“, sagt der Mitarbeiter.
Weil Geld auf der Bank aktuell kaum Zinsen abwirft, wollen Grundeigentümer derzeit oft nicht verkaufen.
Am besten hilft reden
Zwang könne die Behörde nur anwenden, wenn es um Hochwasserschutz von Siedlungen geht. „Das ist aber das äußerste Mittel“, heißt es dazu. Wichtiger sei es, miteinander zu reden.
Als beispielsweise im Seifener Becken bei Immenstadt die B 19 gebaut werden sollte, hätten Bauern ihren Grund nicht verkaufen wollen. Dann ging es um den Hochwasserschutz dort: Ein mittlerweile pensionierter Flussmeister sei damals mehrfach zu den Landwirten gefahren, um mit ihnen zu sprechen. „Danach ging plötzlich beides: Hochwasserschutz und B 19.“