Lindauer Zeitung

Gemeinden finden keine Grundstück­e

Lage am Immobilien­markt macht Kommunen zu schaffen

- Von Bastian Hörmann

OBERALLGÄU - Der letzte Bauplatz in Durach ist verkauft. Die Gemeinde hat keine weiteren Grundstück­e, die sie Häuslebaue­rn anbieten kann, sagt Bürgermeis­ter Gerhard Hock. Denn die schwierige Lage am Immobilien­markt trifft neben Bürgern auch die Oberallgäu­er Gemeinden und andere staatliche Stellen: Sie finden keine Grundstück­e.

„Dass wir als Kommune Flächen kaufen, ist nicht reiner Selbstzwec­k“, sagt Hock. Das sei Aufgabe der Gemeinde, um etwa Einfluss darauf zu nehmen, wie sich das Ortsbild entwickelt. „Eine Gemeinde braucht auch Freiräume, die Leben ermögliche­n und nicht nur Funktionen erfüllen“, sagt Hock. Doch ohne Grundstück­e ist das schwierig: „Man muss mit diesen Grenzen leben – auch wenn es schwerfäll­t. Die Lage wird sich aber sicherlich auch wieder ändern.“

Dass Immobilien für Gemeinden ein Dauerthema sind, bestätigt auch Theo Haslach, Rathausche­f in OyMittelbe­rg. „Es ist Aufgabe des Bürgermeis­ters, an diesem Thema dran zu bleiben.“Denn egal, um welchen Bereich der Kommunalpo­litik es geht: „Für fast jede Maßnahme ist Grund nötig. Das geht bei fünf Quadratmet­ern los und ist nach oben hinaus unbegrenzt.“

Als Beispiel nennt Haslach die Frage, wo ein Ersatz für das marode Rathaus entstehen soll: „Durch den Kauf des Gasthofs Löwen haben wir nun eine zusätzlich­e Option.“Ein aktueller Fall, bei dem sich die Lage am Immobilien­markt auf die Arbeit der Gemeinde auswirkt, sei die Straße zwischen Oy und Mittelberg. „Sie soll auf 900 Metern erneuert werden.“Doch weil Geld auf der Bank aktuell kaum Zinsen abwirft, würden Grundeigen­tümer derzeit oft nicht verkaufen wollen. Die Konsequenz: „Wir bauen die Straße erst mal nur auf 700 Metern neu.“

Ebenfalls oft mit Grundstück­sverhandlu­ngen befasst ist das Wasserwirt­schaftsamt in Kempten. Wenn etwa Deiche gegen Hochwasser gebaut oder Flüsse umgeleitet werden, ist jedes Mal Grund nötig. „Bei Hochwasser­schutz sehen das Eigentümer eher ein – schwierige­r ist es, wenn es um ökologisch­e Verbesseru­ngen geht“, heißt es aus dem Amt.

Ein solches Beispiel sind derzeitige Arbeiten am Iller-Ufer südlich von Kempten. Auf der Waltenhofe­ner Seite des Flusses wurde bereits begonnen, das Ufer abzuflache­n (wir berichtete­n). Doch auf Sulzberger Seite fehlen noch immer Grundstück­e, um loslegen zu können. „Wir haben mit zehn Bauern je zehn Gespräche geführt - jetzt fehlen nur noch zwei Flurstücke“, sagt ein Mitarbeite­r des Amtes.

Ein Trick, den das Wasserwirt­schaftsamt oft anwende, sei folgender: Statt eine Fläche abzukaufen, wird eine andere zum Tausch angeboten. Dabei seien die Wünsche der betroffene­n Landwirte zu berücksich­tigen: Das neue Feld sollte qualitativ natürlich dem alten entspreche­n. Wenn es also feuchter ist als das alte, sollte es zumindest größer sein. Und nah am Hof liegen. Und der Zuschnitt sollte geeignet sein, um darauf mit dem Traktor zu wenden. „Um das zu erfüllen, tauschen wir oft Flächen mehrerer Landwirte, bis alle zufrieden sind“, sagt der Mitarbeite­r.

Weil Geld auf der Bank aktuell kaum Zinsen abwirft, wollen Grundeigen­tümer derzeit oft nicht verkaufen.

Am besten hilft reden

Zwang könne die Behörde nur anwenden, wenn es um Hochwasser­schutz von Siedlungen geht. „Das ist aber das äußerste Mittel“, heißt es dazu. Wichtiger sei es, miteinande­r zu reden.

Als beispielsw­eise im Seifener Becken bei Immenstadt die B 19 gebaut werden sollte, hätten Bauern ihren Grund nicht verkaufen wollen. Dann ging es um den Hochwasser­schutz dort: Ein mittlerwei­le pensionier­ter Flussmeist­er sei damals mehrfach zu den Landwirten gefahren, um mit ihnen zu sprechen. „Danach ging plötzlich beides: Hochwasser­schutz und B 19.“

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FOTO: MATTHIAS BECKER Derzeit gefragt und rar: Grundstück­e im Oberallgäu. Das macht nicht nur Häuslebaue­rn zu schaffen. Auch Gemeinden und das Wasserwirt­schaftsamt sind von den Folgen betroffen.

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