Jugendliche planen die Zukunft in Lindenberg
Gymnasiasten entwickeln Projekte für die Stadtentwicklung und schnuppern in die Lokalpolitik
LINDENBERG - Ein Grillplatz, ein Treffpunkt für Jugendliche oder gleich eine Universität in der Hutstadt? Die Möglichkeiten sind vielseitig, die Ideen können sprudeln, der Ansatz ist: einfach loslegen. Jugendliche planen ab dem kommenden Schuljahr die Zukunft der Stadt. 15 Gymnasiasten starten im September ein P-Seminar mit dem Titel „Zukunftswerkstatt Lindenberg“. Die Visionen, die sie im Kurs entwickeln, können durchaus Wirklichkeit werden. Nach zwei Jahren soll nicht alles vorbei sein. Bürgermeister Eric Ballerstedt hofft, dass sich aus dem Engagement der Jugendlichen eine feste Institution, beispielsweise ein Jungendparlament, entwickelt. Die Stadt steht hinter dem Projekt, bei dem nicht nur die Gymnasiasten aktiv werden sollen. Das Angebot richtet sich an alle Jugendliche.
Die Idee, den Jugendlichen mehr Mitsprache zu geben, ist nicht neu. Es gab schon vor mehreren Jahren den Versuch, ein Jugendparlament in Lindenberg einzuführen. Nach dem Vorbild von Städten wie Wangen oder Sonthofen sollte sich das Gremium regelmäßig treffen, Projekte organisieren und Stadtrat und Verwaltung darüber auf dem Laufenden halten, was die jungen Menschen bewegt. Kurz nach der Wahl 2014 wollte der Stadtrat das Jugendparlament anstoßen. Es kam aber nicht zustande, weil sich die Rückmeldung in Grenzen hielt. „Es ist einfach schwer, an die jungen Leute heranzukommen“, sagt Bürgermeister Ballerstedt.
Stadträtin Melanie Poppler nimmt sich als jüngstes Mitglied des Rats dieses Themas besonders an. Sie schrieb alle Erstwähler an, verschickte zwischen 600 und 800 Briefe mit der Bitte, dass die Jugendlichen sagen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Aber: „Die Resonanz war gleich Null“, sagt sie. Poppler will sich davon nicht entmutigen lassen. „Briefe sind wahrscheinlich das falsche Medium.“Und vielleicht konnten sich viele unter einem Jugendparlament erst mal nichts vorstellen, vermutet sie. „Jugendliche arbeiten lieber projektbezogen. Wenn es eine bestimmte Sache zum Anpacken gibt, kann man sie leichter begeistern“, sagt der Bürgermeister.
Projekt bewusst offen gestaltet
Diese konkreten Sachen soll nun also das P-Seminar entwickeln. Es ist bewusst offen gestaltet, erklärt Lehrerin Petra Wolfrum, die das Seminar betreut. Sie hatte die Idee dazu, als Bürgermeister Ballerstedt zum Berufsinformationstag am Gymnasium über seine Arbeit sprach. „Die Jugendlichen interessieren sich schon für das Stadtgeschehen und Kommunalpolitik“, ist Wolfrum überzeugt. Am Anfang soll erst einmal eine Findungsphase stehen. Die Schüler sollen losspinnen dürfen und überlegen, was in Lindenberg fehlt.
Als Betreuerin koordiniert die Lehrerin das Seminar zwar, sie will sich aber aus dem Entwicklungsprozess weitestgehend heraus halten. Die Ideen und deren Umsetzung sollen von den Jugendlichen selber kommen. Konkrete Projekte sollen dann gemeinsam mit Verwaltung und Stadtrat umgesetzt werden – falls möglich.
Denkbar ist, dass die Jugendlichen wie in einem Jugendparlament Sitzungen halten, bei Stadtratsitzungen dabei sind oder selber Anträge stellen. „Ein Aspekt ist, die Jugendlichen an die Politik heranzuführen“, sagt Wolfrum. Gewünscht ist durchaus, dass sich auch Schüler der anderen Schulen einbringen. Für Bürgermeister Ballerstedt ist es „Chefsache“, dass er nah am Projekt dran bleibt und für die Jugendlichen immer als Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Etwa 15 Schüler haben sich für die Zukunftswerkstatt im Fach Wirtschaftsund Rechtslehre entschieden. Damit sind es genügend Teilnehmer, um das Seminar in den Stundenplan aufzunehmen. „Wir schaffen hier eine Basis für weitere Projekte von Jugendlichen“, sagt Ballerstedt. Vielleicht findet der eine oder andere Gefallen an der Materie und am Ende kommt doch noch ein richtiges Jugendparlament zustande.