Lindauer Zeitung

Die Cabrio-Saison ist eröffnet: Oben ohne fahren um jeden Preis?

- B.letsche@schwaebisc­he.de d.uhlenbruch@schwaebisc­he.de

Schon klar. Das ist nichts für Schattenpa­rker, Bergaufbre­mser und Kofferraum­sauger. Aber wenn die Krokusse blühen, der Geruch von Gülle durch das Allgäu zieht und die Sojamilch-Lattes bereits im Freien eingenomme­n werden, dann ist „oben ohne“angesagt. Das Cabrio wird aus dem Winterquar­tier geholt und auf Vordermann gebracht. Batterie einbauen, Reifendruc­k prüfen, die neueste Playlist zusammenst­ellen. Dann gilt: Cabriodach runter – was nur noch im äußersten Notfall geändert wird. Wen juckt’s, dass die Temperatur­en erst knapp im zweistelli­gen Bereich liegen, die Alpen-Nordseite noch schneebede­ckt ist und alle anderen nach wie vor mit Winterreif­en unterwegs sind. So mies kann das Wetter gar nicht sein, dass man nicht „cabriliere­n“könnte, wie es ein Kollege mit schönster Wortschöpf­ungskraft formuliert. Schließlic­h gibt es Mützen, Schals und Daunenanor­aks. Außerdem – so viel Ehrlichkei­t muss sein – ist das Cabriofahr­en auch nicht mehr das, was es beim ersten VW-Käfer vor 34 Jahren einmal war. Inzwischen tun Windschott, Sitz- und Lenkradhei­zung ihre Arbeit und machen aus dem Orkan eine Brise. Doch das wunderbare Gefühl bleibt, wenn man beim Fahren die Geschwindi­gkeit auf der Haut spürt, die Sonne das Gesicht wärmt und die Welt wieder nach Leben riecht.

Sensatione­ll! Den sagenumwob­enen Yeti gibt’s tatsächlic­h. Zugegeben, wir haben das zweibeinig­e, behaarte, unansehnli­che Fabelwesen – gern auch Schneemens­ch genannt – nicht im hintersten Himalaya entdeckt. Viel besser. Wir begegnen ihm tagtäg- lich auf dem Weg zur Arbeit, auf der Autobahn. Dort kauert er, dick eingemummt wegen der eisigen Temperatur­en, hinter dem Steuer eines handelsübl­ichen Cabrios, das Dach geöffnet, den frostigen Blick starr nach vorn gerichtet, die blauen Pranken am Lenkrad wahrschein­lich festgefror­en. Ein harter, verrückter Hund ist er ja scho, der Yeti. Und ein bemitleide­nswerter obendrein. Hat der Gute in Asien doch glatt die segensreic­he automobile Entwicklun­g der letzten 100 Jahre verpennt. Das Dach, rufen wir ihm deshalb allmorgend­lich aufmuntern­d zu, lässt sich schließen, du musst nicht leiden. Vergeblich. Bestimmt versteht er unsere Sprache nicht. Oder die Gehörgänge sind vereist.

Aus Solidaritä­t gleichtun wollen wir es ihm dennoch nicht, weil a) hässliche Frostbeule­n im Gesicht so gar nicht im Trend liegen, b) der grippale Infekt nicht zu unserem engsten Freundeskr­eis zählt und c) gewiss noch geeignete Tage zum genussvoll­en Cabriofahr­en bevorstehe­n. Und für den Yeti wollen wir natürlich auch nicht gehalten werden.

Wozu gibt es Mützen, Schals und Windschott?! Von Birgit Letsche Der Yeti lebt und leidet auf deutschen Straßen. Von Dirk Uhlenbruch

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