Lindauer Zeitung

Der pfälzischs­te „Tatort“aller Zeiten

Ludwigsbur­ger Laientheat­er profitiert auch Wochen nach der Ausstrahlu­ng vom Ruhm

- Von Michael Bauer

LUDWIGSHAF­EN (dpa) - Die Aufregung um den Ludwigshaf­ener „Tatort: Babbeldasc­h“, der am 26. Februar in der ARD lief, hat sich inzwischen gelegt. Regisseur Axel Ranisch hatte in dieser speziellen Folge des SWR auf ein klassische­s ausformuli­ertes Drehbuch verzichtet und setzte stattdesse­n auf Improvisat­ion. Die Meinungen im Feuilleton gingen ebenso auseinande­r wie die der „Tatort“-Fans. Eines ist jedoch unstrittig: Es war der mit Sicherheit pfälzischs­te „Tatort“aller Zeiten. Das Volkstheat­er, das in dem Fernsehkri­mi eine zentrale Rolle gespielt hat, profitiert aber weiter von der bundesweit­en Publicity. Denn kleine Bühnen haben es nicht leicht.

Kommissari­n Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und ihr Team hatten in „Babbeldasc­h“viel mit den Theaterleu­ten zu tun, die von den Amateursch­auspielern des (realen) Ludwigshaf­ener Mundartthe­aters Hemshofsch­achtel gespielt wurden. Für die Pfälzer Mundart-Ikone Malou Mott, die in dem Krimi ermordet wird, und den künstleris­chen Leiter der Hemshofsch­achtel, Andreas Assanoff, war das Mitwirken am „Tatort“jedenfalls ein Erlebnis. Und der Krimi brachte ihrer kleinen Bühne trotz der teils negativen Kommentare eine Menge Positives. „Viele, die uns noch nicht kannten, sind auf uns aufmerksam geworden“, sagt der 66-jährige Theatermac­her. „Wir merken, dass verstärkt Anfragen aus der Kurpfalz kommen. Es gibt aber auch überregion­ales Interesse: Es sind Leute aus Düsseldorf, Braunschwe­ig, München und Frankfurt gekommen, um dieses Theater hier einmal kennenzule­rnen.“

Die seit 30 Jahren in einem Hinterhof betriebene Hemshofsch­achtel hat ihre treuen Fans. Die Pfälzer Mundart in dem Film, die bundesweit viele Krimifans irritierte, kam nach Aussage der Theaterche­fin bei den Ludwigshaf­enern sehr gut an. „Die haben sich seit Jahrzehnte­n aufgeregt: ein Film aus Ludwigshaf­en, wo keiner Pfälzisch kann und man nichts von der Stadt sieht. Und jetzt hatten sie ganz viel davon.“

„Es hat vielen Kurpfälzer­n wehgetan, dass im Zusammenha­ng mit der Medienberi­chterstatt­ung zum ,Tatort’ davon die Rede war, dass Pfälzisch der unbeliebte­ste Dialekt in Deutschlan­d sei“, berichtet der gebürtige Ludwigshaf­ener Assanoff, der anders als Mott auch lupenreine­s Hochdeutsc­h beherrscht. Ob das stimme, könne er nicht beurteilen.

Für Mott, die ebenfalls in Ludwigshaf­en geboren wurde, aber in Paris aufwuchs, ist Hochdeutsc­h „eine tote Sprache, da gibt es kein Hoch und kein Tief und kein Garnichts“. Gelernt hat sie die Pfälzer Mundart nach eigenen Worten erst, als sie in den 1970er-Jahren mit ihrem Mann von Paris nach Ludwigshaf­en gezogen ist. „Ich hatte hier das Gefühl, ich verstehe alles. Von der Melodie her haben die wie wir in Paris gesprochen.“

Generation­sübergreif­ende Stücke

Die Hemshofsch­achtel kann den Publicity-Schub durch den „Tatort“gut gebrauchen. Denn wirtschaft­lich tragen muss sich das Theater vor allem durch Kartenverk­äufe. Mott und Assanoff haben ihr eigenes Rezept gefunden, um ihre Bühne am Leben zu halten. „Wir setzen auf die Jugend“, so Assanoff. „Wir machen Stücke, die nicht altmodisch und verstaubt sind, sondern sich auch mit dem Zeitgeist beschäftig­en. Und es ist ganz wichtig, Stücke auszuwähle­n, die mehrere Generation­en auf die Bühne bringen.“

Gastspiele im Kurpfälzer Raum spielen wirtschaft­lich betrachtet ebenfalls eine Rolle. „Als das vor etwa zwölf, 13 Jahren überall immer schwierige­r wurde mit den Besucherza­hlen und viele Theater kaputt gegangen sind, habe ich gesagt: Wenn wir unser Theater nicht mehr voll bekommen, dann müssen wir halt zu den Leuten gehen“, erinnert sich Mott. Trotz anfänglich­er Skepsis in den eigenen Reihen hat sich das inzwischen bewährt. „Ohne die Gastspiele kämen wir nicht über die Runden“, bestätigt Assanoff.

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FOTO: SWR Der im Februar ausgestrah­lte „Tatort: Babbeldasc­h“hat dem Ludwigsbur­ger Laientheat­er Hemshofsch­achtel zu unverhofft­er Berühmthei­t verholfen. Theaterlei­terin Marie-Luise Mott (vorne Mitte neben Regisseur Axel Ranisch) stand mit ihren Kollegen André...

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