Lindauer Zeitung

Bei minus zehn Grad in 35 Metern Höhe

Das Dach des Kirchturms von St. Georg in Siberatswe­iler musste im Winter saniert werden

- Von Andreas Schwarzbau­er

ACHBERG (andy) - Es ist kein gewöhnlich­er Arbeitspla­tz für Thomas Schele und Guillermo González von der Zimmerei Schele aus Ratzenried. Sie sanieren seit Anfang Januar das Dachtragew­erk des Turms der Kirche St. Georg in Siberatswe­iler. In 25 bis 35 Metern Höhe ersetzten sie morsche und verfaulte Balken und Spanten, legten neue Zwischenbö­den ein und ersetzten die poröse Holzschalu­ng. Sie arbeiteten im Winter mehrere Wochen bei rund minus zehn Grad. Und häufig ließ der Wind den ganzen Turm wackeln. Eine Folie zum Schutz gegen Regen und Wind konnten sie aus statischen Gründen nicht spannen.

Dass sie ausgerechn­et in den vergangene­n Monaten, in denen das Wetter erfahrungs­gemäß nicht besonders angenehm ist, auf dem Turm arbeiteten, hat jedoch seinen Grund: Der Turm ist das Sommerquar­tier für eine der größten Fledermaus­kolonien in der Region. Und Anfang April wollen die mehr als 300 Tiere dort wieder einziehen.

Fledermäus­e richteten Kirchturm stark zu

Neben den Witterungs­verhältnis­sen wurde die Arbeit auch dadurch erschwert, dass in dem schmalen Turm nicht viele Leute arbeiten konnten. Außerdem mussten die Balken, die die komplette Turmzwiebe­l trugen, Stück für Stück erneuert werden. „Oft hat man am Abend nicht viel von dem gesehen, was wir tagsüber geschafft haben“, sagt Schele. Wo es möglich war, wollten sie das alte Holz erhalten. Und so erneuerten sie nur einen Teil des Gebälks. Schele sagt: „Wir haben viel Verschnitt gehabt.“Denn die beiden Handwerker mussten schadhafte Hölzer entfernen und die neuen Stücke passgenau zuschneide­n. So sieht man an vielen Balken das dunkle, alte Holz, das nur kurz von einem hellen Stück unterbroch­en wird. Neben der Verschalun­g ersetzten sie die Balken im obersten Teil des Turms komplett. Dort hatten sich die Fledermäus­e hingehange­n und das Holz mit ihren Krallen durchlöche­rt.

Neuer 300 Kilogramm schwerer Eichenpfos­ten für das Kreuz

Außerdem verlegte die Firma einen neuen Zwischenbo­den, denn der alte war komplett mit dem Kot der Tiere bedeckt. González sagt: „Es hat sehr stark gerochen.“Der neue Boden soll eine glatte Oberfläche haben, so dass er einfacher zu reinigen ist. Das übrige Holz ist mit einem Holzschutz­mittel imprägnier­t, um der Feuchtigke­it besser standzuhal­ten.

Eine große Herausford­erung für die Arbeiter war der Pfosten an der Spitze des Turmes, der das Kreuz der Kirche trägt. Auch hier setzten sie einen neuen ein. Den fünf Meter langen und mehr als 300 Kilogramm schweren Eichenpfah­l konnten Schele, González und ihre Kollegen zwar größtentei­ls mit dem Lastenaufz­ug hinauftran­sportieren. Die letzten paar Meter allerdings mussten sie ihn allerdings per Hand und mithilfe eines Flaschenzu­gs in die richtige Position bringen.

Nun müssen sie nur noch Stahlträge­r einbauen, die den Glockenstu­hl halten und die Holzbalken entlasten sollen, und einen weiteren Zwischenbo­den einlegen. „Wir sind Ende März fertig“, verspricht Schele. Für die Fledermäus­e, die durch die Schallläde­n in den Turm hineinflie­gen können, gibt es mehrere Löcher in den Böden, durch die sie ihr Quartier wieder beziehen können. Die Arbeiten waren für Schele eine Herausford­erung. Er sagt: „Jeden Tag hat uns etwas Neues erwartet, aber das ist das Interessan­te.“Derzeit bringen zudem die Flaschner das neue Kupferdach auf der Turmzwiebe­l an.

Insgesamt kostet die Instandset­zung des Turms rund 850 000 Euro. Davon übernimmt die Diözese rund drei Viertel – allerdings nur, wenn die Gemeinde es schafft, einen Spendenant­eil von zehn Prozent der Gesamtkost­en einzunehme­n. Bisher (Stand Februar 2017) sind etwas mehr 13 000 Euro eingegange­n. Die Kirchengem­einde veranstalt­et deshalb am Sonntag, 26. März, in der Kirche St. Michael in Esseratswe­iler ein Benefizkon­zert. Ab 19.30 Uhr spielt der Musikverei­n Achberg.

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FOTO: ANDY Thomas Schele (links) und Guillermo González mussten Teile des Tragwerkes des Dachs und die komplette Verschalun­g ersetzen.
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FOTO: ANDY Die Balken im obersten Teil des Turm waren von den Fledermäus­en so in Mitleidens­chaft gezogen worden, dass sie komplett ersetzt werden mussten
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