Kreatives von Menschen mit Behinderungen
Die Kreativwerkstatt Rosenharz eröffnet ihre Kunstausstellung in der Hypo-Vereinsbank
LINDAU-INSEL (bc) - Wundervolle Bilder hat die Kreativwerkstatt Rosenharz der St. Gallus-Hilfe zur Ausstellung in die Lindauer Filiale der Hypo-Vereinsbank gebracht. „Nütze die Farben“lautet der Titel der Schau, die am Donnerstagabend unter großem Besucherandrang eröffnet wurde. Sieben Künstlerinnen und Künstler mit Behinderungen zeigen farbstarke Bilder und originelle Skulpturen, die individuell und teils auch in Gemeinschaftsarbeit entstanden sind.
Abstrakte Farbwelten aus satten deckenden Tönen stehen neben lichten Gelb- und Türkisflächen, aus denen in schwarzer Kontur Tierfiguren herausschauen. Häuserarchitekturen lassen sich ausmachen, dicht gedrängte Menschengruppen, deren Gesichtsmimiken Bände sprechen und dazwischen immer wieder aus Pappmaché und Acryl gefertigte Figurinen. Hildegard Glatthar, Claudia Dannemann, Günter Pruchner, Ralf Keil, Anita Bruder, Eva Tettey-Enyo und Renate Hoffmann sind die teilnehmenden Künstler. „Ihr steht heute im Mittelpunkt. Ohne Euch gebe es auch keine Vernissage“, begrüßte Filialleiter Klaus Krug zur Musik des jungen Bläserquartetts der Jugendmusikschule Kressbronn mit Franziska Klotzbücher, Sven Stahl, Mona und Daniel Steinhauser die Gäste.
Ein Jahr lang hat Kunsttherapeutin Irmgard Stegmann die Gruppe in Rosenharz begleitet. Während dieser Zeit sind nacheinander die Auszubildenden, die Führungskräfte der Hypo-Vereinsbank Württemberg-Ost und das Team der Lindauer Filiale dort gewesen und haben mit den Künstlern zusammengearbeitet. Als Gegenleistung ist jetzt diese Ausstellung zu sehen. Prominent ist darin ein überdimensionales Querformat platziert, an dem alle gemeinsam geschafft haben. Es beschreibt einen gewaltigen Farbenrausch, der in seiner Wildheit an die Zeiten des sogenannten Abstrakten Expressionismus erinnert.
Via Bildschirm können Besucher der Ausstellung den Entstehungsprozess nachverfolgen. Die Frage, warum man diese Bilder hier ausstellen solle, beantwortete Klaus Krug schlicht mit: „In einer Welt, in der es grau und trist zugeht, wie im Falle von Bankgeschäften, ist es wichtig, einmal richtig in den Farbtopf zu greifen.“Er bewunderte, wie die Künstler ihr Handicap vergessen und beim Malen in sich selbst versinken können.
Farbleuchtendes und grazile Figurinen
„Die Hypo hat den Schatz gehoben“, freute sich Vorstandsvorsitzender Berthold Broll von der Stiftung Liebenau zusammen mit Geschäftsführer Markus Wursthorn, Birgit Jehle, Julia Heggele und Verena Rehm. Mit Zitaten von Pablo Picasso – „Wenn ich wüsste, was Kunst ist, würde ich es für mich behalten“und „Ich habe nicht alles gesagt, aber alles gemalt“– verwies Broll auf die Unbefangenheit, mit der die Künstler ans Werk gehen. Ohne sich zu verkopfen, bringen hier Menschen mit den verschiedensten Hintergründen Farben zum Sprechen.
Dabei gilt Hildegard Glatthar als Spezialistin für Kreise, und Anita Bruder setzt ihre expressiven Malschichten auf Papier und Leinwand. Eva Tettey-Enyo liebt es, zu Rockmusik farbsprühende Abstraktionen entstehen zu lassen, während Günter Pruchner mit tierisch guten Figuren in großer Nähe zur Naiven Malerei aufwartet.
Ralf Keil haben es Traktoren und Bagger auf besondere Art angetan. Renate Hoffmann sei der „Picasso“. Sie bringe innerhalb von Sekunden gezielt und eigenwillig sehr originelle Figuren aufs Blatt. Claudia Dannemanns Bilder titeln „Nur so“und rücken rechteckige Farbfeldmalerei in den Vordergrund. Die frei stehenden Figurinen aus Pappmaché und Acryl sind Gemeinschaftswerke und wahre Eyecatcher. Hochgewachsen und hyperschlank, dabei sehr grazil mit papierner Wuschelfrisur und in Ausgehkleidung machen sie eine sehr gute Figur. „Hannelore“, „Ilse“und „Rosemarie“heißen sie, getoppt von „Charlotte“in schwarz-goldener Abendgarderobe fertig gestylt für den großen Auftritt.