Das Bogy feiert im Walser-Takt
Schüler gestalten Feierstunde zum 90. Geburtstag des großen Literaten
LINDAU (rue) - Sein Wort hat Gewicht, seine Worte sind Literatur. Deshalb ist Martin Walser anlässlich seines 90. Geburtstags landauf landab gewürdigt worden. Das Bodensee-Gymnasium (Bogy) in Lindau hatte einen besonderen Grund, den aus Wasserburg stammenden Schriftsteller zu feiern: Martin Walser war Bogyaner.
„Gemeinsam mit sieben Mitschülern hat er 1946 bei uns sein Abitur abgelegt. Und bestanden“, berichtete Direktor Edward König in einer literarischen Feierstunde der Schule und hielt dabei ein Büchlein hoch, das deutliche Alterserscheinungen aufwies. Es handelte sich um den „Sammelbericht über die Jahre 1941/ 42 bis 1950/51“. Dies also war der Beweis für Walsers Reifeprüfung am Bogy. Der Schüler von einst gilt heute als der letzte lebende Großschriftsteller der Generation von Heinrich Böll, Max Frisch, Siegfried Lenz und Günter Grass.
Wie kurzweilig, abwechslungsreich und informativ eine Annäherung an eine solche literarische Größe gelingen kann, zeigte die Feierstunde für die Zehnt- und Elftklässler des Bogy. Die Lehrkräfte Irene Heß und Bent Jörgensen hatten das Programm zusammengestellt, Schüler führten es aus. Los ging es mit einem peppigen Geburtstagstusch der Blechbläser Alexander Lang, Bennet Süß, Daniele Kummer und Lucia Erpenstein. Auch zwischendurch gab es Musik, nämlich Cello-Improvisationen von Fynn Fechner.
Schüler lesen Texte aus Walsers Werken
Felix Augustin und Tara Lanzendorfer lasen Texte aus Walsers Werken. Und Jette Kubitz moderierte das Programm. Auch zwei Filmausschnitte waren zu sehen: zum einen aus der Verfilmung der Walser-Novelle „Ein fliehendes Pferd“, zum anderen aus der BR-Dokumentation „Martin Walser – Vom Leben und Schreiben mit 90“. Warum er schreibt? Der Jubilar erklärt dies in dem Film so: „Ich kann nichts dagegen tun, dass sich in mir andauernd Sätze bilden.“
Das Ergebnis dieses Sätze-Bildens beachtlich. Bogy-Lehrer Jürgen Gebhardt präsentierte in seiner Einführung in Leben und Werk des Schriftstellers unter anderem zwei Zahlen: Demnach sind in den Jahren 1957 bis 2017 mehr als 30 große Erzählwerke von Martin Walser erschienen; Theaterstücke, Essays und dergleichen noch gar nicht mitgerechnet.
Fast im selben Zeitraum hat Walser überdies 34 Ehrungen erhalten. Gebhardt bezeichnete ihn als einen „Giganten der deutschen Nachkriegsliteratur“, als „kritischen Begleiter des Zeitgeistes“und „Querdenker“. Er sagt: „Martin Walser hatte stets einen eigenen Kopf.“Dies habe ihn persönlich stets am meisten beeindruckt, so Gebhardt.
Erweitert wurde diese Hommage noch von Lorenz Göser aus Kressbronn. Er ist ebenfalls ein Bogyaner und hat vor kurzem gemeinsam mit Elmar Kuhn das Buch „Nirgends wär ich lieber als hier“herausgegeben. Aus diesem Sammelband, der Texte von Martin Walser mit BodenseeBezug enthält, trug Göser als Ehrengast der Feierstunde eine kleine Collage vor.
Schule schenkt Walser etwas sehr Persönliches
Das Geschenk, das der Jubilar von seiner einstigen Schule erhalten wird, ist etwas sehr Persönliches: eine Glückwunschkarte, die mit einer Radierung gestaltet ist und von allen Teilnehmern der Feierstunde unterschrieben wurde. Die beiden Fünftklässler Adrian Katz und Paul Deininger präsentierten die Karte, die zusammen mit einem Lindau-Buch der Schule an Walser geschickt wird.