Wien zeigt Grenzen des guten Geschmacks mit einer schrillen Modenschau
WIEN (dpa) - Die Kleider sind schrill, extravagant, prachtvoll und gewagt. 89 Beispiele modischer Finesse aus mehreren Jahrhunderten sind unter dem aufmerksamkeitsheischenden Titel „Vulgär? Fashion Redefined“im Winterpalais des Belvedere in Wien zu sehen. Zentrale Frage der Schau soll die nach den Grenzen des „guten Geschmacks“sein – und vor allem die nach der ständigen Neudefinition dieser Grenze. „Das zunächst Verachtete wird später aufgegriffen“, sagte die Direktorin des Belvedere, Stella Rollig.
Bis zum 25. Juni sind nicht nur die meterbreiten Mantua-Roben aus dem 18. Jahrhundert, sondern auch Entwürfe von Designern wie Christian Dior, Jean Paul Gaultier, Vivienne Westwood und Louis Vuitton zu sehen. Für das herrschaftlich wirkende Ensemble „A Voyage on the Diorent Express“von John Galliano für Christian Dior waren gar 2000 Arbeitsstunden nötig.
Geradezu brav mit seinem hochgeschlossenen Kragen und dem floralen Design wirkt ein für die Frühjahrs-und Sommerkollektion 2016 entworfenes Kleid des kanadischen Designers Erdem Moralioglu. Das Stück ist inspiriert von der Mode unter den Siedlerfrauen des Mittleren Westens im 19. Jahrhundert. Die Frauen stemmten sich offenbar mit der Mode gegen das drohende „Präriefieber“, eine durch das raue Klima und die Abgeschiedenheit hervorgerufene Depression.
Wer den heilenden Charakter der Mode selber sofort ausprobieren will, hat dazu bereits im Museumsshop die Chance. Dort wird ein Cocktailkleid, nachempfunden der „Mondrian-Kollektion“von Yves Saint Laurent aus den 1960er-Jahren, angeboten – für genau 229 Euro.