Lindauer Zeitung

Wenn die Länder ihr Ja verkaufen

Im Bundesrat geht es öfter mal zu wie auf dem Basar

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Höchste Spannung im Bundesrat. „Zwischen den Ländern geht es zu wie auf einem Basar“, sagt genervt der Stuttgarte­r Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne). Das allerdings ist nichts Neues. Immer wieder wird in der Nacht vor dem Bundesrat lange verhandelt und gefeilscht. Immer wieder machen Regierunge­n dabei Angebote, damit die Länder einschlage­n.

Angesichts von 16 Bundesländ­ern, deren Regierunge­n zur Zeit so bunt zusammenge­setzt sind wie selten zuvor, konnte sich Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) der Zustimmung zu seiner PkwMaut nicht sicher sein. Zwölf Stunden lang, so verriet am Freitag CSUChef Horst Seehofer, habe man verhandelt. Aus seiner Sicht mit Erfolg, denn die Maut kommt.

Zu den wohl spektakulä­rsten Abstimmung­en im Bundesrat zählt jene im Jahr 2000 über Gerhard Schröders Steuerrefo­rm. Die SPD-Länder allein reichten nicht aus, er musste auch ein von der CDU regiertes Land überzeugen. Handstreic­hartig hatte sich Schröder die Stimmen des Landes Berlin gesichert, das vom Regierende­n Bürgermeis­ter Eberhard Diepgen (CDU) geführt wurde.

Weniger Erfolg mit dem Herauskauf­en von Stimmen hatte drei Jahre zuvor die schwarz-gelbe Bundesregi­erung Helmut Kohls (CDU). 1997 scheiterte die von ihm geplante Steuerrefo­rm endgültig im Bundesrat. Damals war es vor allem SPD-Chef Oskar Lafontaine, der sie über die Länder blockierte.

Schröder hat sich 2000 die Zustimmung zu seiner Steuerrefo­rm etwas kosten lassen. 75 Millionen für die Sicherheit, ein paar Millionen für das Olympiasta­dion, so genau weiß man das nicht. Für die Stimmen der SPD-FDP-Koalition in RheinlandP­falz versprach Schröder Entlastung­en für Mittelstan­d und Spitzenver­diener. All diese Deals werden aber nicht öffentlich festgehalt­en, sondern es sind interne Zusagen, die oft erst im Nachhinein enthüllt werden.

2002 brachte die Regierung Schröder die Länder RheinlandP­falz und Brandenbur­g zur Zustimmung für das Zuwanderun­gsgesetz. Damals bot die Bundesregi­erung im Gegenzug 250 Millionen für die Kosten der Integratio­n.

Derselbe Gerhard Schröder hatte freilich, als er noch Ministerpr­äsident in Niedersach­sen war, immer darauf hingewiese­n, er lasse sich nicht das Recht nehmen, die eigenen Landesinte­ressen zu vertreten. Notfalls auch gegen die SPD-Bundestags­fraktion.

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