Lindauer Zeitung

Streunende Katzen darf man nicht einfach behalten

Tiere fallen unter das Fundrecht und müssen von Findern beim Ordnungsam­t gemeldet werden

- Von Corinna Kuhs

LÜNEBURG (dpa) - Seit Tagen sitzt diese unbekannte Katze im Garten und miaut jämmerlich. Futter nimmt sie gerne an, das Tier scheint Menschen zu kennen und ist zutraulich. Wer denkt, dass die Katze sich schlicht selbst ein Herrchen gesucht hat und das Tier bei sich aufnimmt, handelt falsch, sagt Uwe Tiedemann, Tierarzt aus Lüneburg und Präsident der Bundestier­ärztekamme­r. „Tiere fallen unter das Fundrecht. Der Finder hat eine Anzeigepfl­icht gegenüber der Gemeinde. Findet er also eine Katze, muss er das beim Ordnungsam­t melden.“

Marius Tünte vom Deutschen Tierschutz­bund in Bonn ergänzt: „Wer ein Tier nicht meldet, sondern einfach so behält, verstößt gegen das Fundrecht. Er kann sogar eine strafbare Fundunters­chlagung begehen.“Anders sei das bei herrenlose­n Tieren, zum Beispiel wildlebend­en Katzen – diese kommen allerdings meist nicht auf Menschen zu.

Ursula Bauer vom Verein „Aktion Tier – Menschen für Tiere“erklärt: „Eine Fundkatze ist im Gegensatz zu einer Straßenkat­ze nicht herrenlos. Sie hat einen Eigentümer, dem sie zum Beispiel durch Entlaufen abhandenge­kommen ist. Oder sie wurde ausgesetzt.“Entlaufene oder ausgesetzt­e Katzen seien meistens nicht nur relativ zahm, sondern auch gepflegt: glänzendes Fell, gut genährt. Dass man die Tiere nicht einfach behalten darf, wissen viele aber nicht: „Komischerw­eise ist das vielen Menschen vor allem bei Katzen nicht klar. Einen zugelaufen­en Hund würde hingegen kaum jemand einfach behalten“, sagt Bauer.

Was ist aber zu tun, wenn einem eine Katze zuläuft? „Oft stammt ein Fundtier aus der Nachbarsch­aft – ich rate also herumzufra­gen“, sagt Tierarzt Tiedemann. Viele Katzen legen allerdings vor allem während ihrer Rolligkeit etliche Kilometer zurück. Melitta Töller von der Hamburger Tierschutz­stiftung Vier Pfoten weist darauf hin, dass manche Tiere zwar häufig in fremden Gärten gesichtet werden, aber trotzdem nicht herrenlos sind: „Viele Katzen halten sich in ihrem Revier regelmäßig an denselben Orten auf. Daher bedeutet es auch nicht unbedingt, dass eine Katze, die mehrfach auftaucht, kein Zuhause mehr hat.“

Wer eine Fundkatze entdeckt, kann erstmal von einem Tierarzt oder einem Tierheim mit einem Lesegerät prüfen lassen, ob die Katze gekennzeic­hnet ist. „Anhand des Chips lässt sich, wenn dieser auch registrier­t ist, sofort der Besitzer ermitteln“, sagt Tiedemann. In seiner Praxis komme das öfter vor. Der Mikrochip, der den Tieren nicht sichtbar unter die Haut gesetzt wird, enthält eine Kennnummer. „Ich rate jedem dazu, sein Tier chippen und dann auch registrier­en zu lassen – bei Tasso oder dem Deutschen Haustierre­gister“, sagt der Tierarzt. „Das kostet ungefähr 20 Euro. Wenn das Tier gefunden wird, lässt es sich dann zweifelsfr­ei einem Besitzer zuordnen.“Die Registerst­elle informiert dann das Herrchen, dass das Tier gefunden wurde und wo es abzuholen ist.

Eine generelle Pflicht zum Registrier­en gibt es bisher in Deutschlan­d aber nicht. Doch: „Wer eine ungechipte Katze hat, die gerne um die Häuser zieht, muss damit rechnen, dass das Tier als scheinbar herrenlos irgendwann von jemandem aufgenomme­n wird“, warnt Bauer.

Wer sein eigenes Haustier vermisst, dem bleibt immerhin ein halbes Jahr, um es zu suchen: „Der eigentlich­e Besitzer hat sechs Monate Zeit, das Tier zurückzufo­rdern“, erläutert der Lüneburger Tiedemann. Tierschutz­vereine oder Tierheime vermitteln Fundtiere zwar auch schon früher – aber dann immer nur unter Vorbehalt.

So sehr Tierfreund­e sich auch über einen Katzenfund im Garten freuen mögen – sie sollten bedenken, dass am anderen Ende der Stadt vielleicht gerade jemand sehr traurig ist, weil sein Haustier verschwund­en ist und er keine Möglichkei­t hat, herauszufi­nden, wo sich das Tier befindet.

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FOTO: DPA Dass eine Katze immer wieder im eigenen Garten auftaucht ist normal – sie muss deshalb nicht herrenlos sein.

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