Lindauer Zeitung

Jugendhilf­e schnallt den Gürtel enger

Das Budget muss laut Kreistagsb­eschluss um 100 000 Euro gekürzt werden

- Von Evi Eck-Gedler

LINDAU (ee) - 5,2 Millionen Euro muss der Landkreis Lindau in diesem Jahr voraussich­tlich für die Jugendhilf­e aufbringen: Dieser Betrag bleibt nach Abzug aller möglicher Einnahmen offen. Im Rahmen der Haushaltsb­eratungen im Januar und Februar war für die Kreisräte deshalb klar: Da muss abgespeckt werden. Das Jugendhilf­ebudget kürzten sie deshalb um 100 000 Euro. Wo dieses Geld eingespart werden kann, das sollte das Jugendamt selbst entscheide­n. Hat es nun auch: Vor allem im Bereich Jugendsozi­alarbeit soll es Abstriche geben, aber auch bei ambulanten Erziehungs­hilfen und Übergangsh­ilfen für Kinderbetr­euung.

Jugendamts­leiter Jürgen Kopfsguter hatte dem Jugendhilf­eausschuss in dessen jüngster Sitzung eine detaillier­te Liste mitgebrach­t, wo er und seine Mitarbeite­r Einsparmög­lichkeiten sehen. Leicht sei ihnen das nicht gefallen, machte er den Ausschussm­itgliedern unmissvers­tändlich klar. Denn da weite Bereiche der öffentlich­en Jugendhilf­e Pflichtauf­gaben sind, könne der Rotstift nur im präventive­n Bereich angesetzt werden.

Vorbeugend­e Arbeit ist wichtiger denn je und spart viel Geld

„Gleichzeit­ig ist es aber erforderli­ch, den Weg der präventive­n und frühen Hilfen zu festigen“, machte Kopfsguter in der Sitzung deutlich. „Gerade, wenn man die Fallzahlen betrachtet“, sei vorbeugend­e Arbeit wichtiger denn je: So habe das Jugendamt im vergangene­n Jahr Vollzeitpf­legeplätze für hundert Kinder und Jugendlich­e sowie 35 Heimplätze zahlen müssen. Letztere Zahl habe sich binnen eines Jahres mehr als verdoppelt, die Vollzeitpf­lege hatte im gleichen Zeitraum um ein Viertel zugenommen. Deswegen hält es Kopfsguter auch für äußerst wichtig, „die Trennung von Kindern und Eltern zu vermeiden“.

Das könne aber nur gelingen, wenn beispielsw­eise die sozialpäda­gogische Familienhi­lfe so früh wie möglich in Familien mit Problemen einsetzen könne. Seit mehreren Jahren leiste dabei das Projekt Rockzipfel einen wichtigen Beitrag dazu: Diese niederschw­ellig erreichbar­en Gruppen – unter anderem in Lindau in Reutin und auf der Insel, in Bodolz in der Emil-Hasel-Siedlung – zeigen jungen Familien und Alleinerzi­ehenden, was für eine gute Entwicklun­g ihres (Klein-)Kindes wichtig ist. Und geben den Eltern zudem die Möglichkei­t, sich gegenseiti­g zu helfen und zu vernetzen, wie Jugendamts­mitarbeite­rin Anne Kroner den Ausschussm­itgliedern schilderte. In diese Arbeit will der Kreis in diesem Jahr gut 190 000 Euro investiere­n.

Klar sei auch, dass sich der Kreis um jene zumeist Jugendlich­en kümmern müsse, die aufgrund diverser Probleme weder in der Schule haltbar sind noch eine Lehrstelle finden: Die „Jugendwerk­statt“soll diesen Burschen und Mädchen Orientieru­ng geben, „bevor sie ziel- und orientieru­ngslos herumhänge­n“, wie es Kopfsguter im Ausschuss formuliert­e. Dass nun das Jugendamt die in diesem Bereich geplanten Ausgaben von 100 000 Euro um ein Drittel kürzen will, verwundert­e Kreisrat Johannes Buhmann. Denn im vergangene­n Jahr sind nach vorläufige­r Rechnung dafür bereits 98 000 Euro ausgegeben worden. Kopfsguter verwies darauf, dass man im vergangene­n Herbst geplant habe, neben dem Unternehme­n Chance, wo diese Jugendlich­en jetzt betreut werden, einen weiteren Partner für dieses Projekt ins Boot zu holen. Nun werde man wohl darauf verzichten: Das Jugendamt wolle schauen, ob und wie diese Arbeit sonst umgesetzt werden kann.

„Enger kalkuliere­n“oder sogar verzichten

In weiteren Bereichen wie der Schulsozia­larbeit in Weiler, bei der Alltagsbeg­leitung Familienbu­dget oder ambulante Erziehungs­hilfen heißt es für den Jugendamts­leiter schlicht „enger kalkuliere­n“oder „weniger Maßnahmen“anzubieten. Mit einem im Jugendhilf­eausschuss unüberhörb­aren schlechten Gefühl.

Letztlich hat das Gremium den Sparplan des Jugendamte­s nur gegen die Stimmen von Kreisrat Harald Tegtmeyer-Metzdorf gebilligt.

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