Überlebende
Wangerooge 1936: Die 19-jährige Dorothea Buck gerät in eine schwere psychische Krise. Schizophrenie lautet die Diagnose, während des NS-Regimes gilt sie als „minderwertig“. Buck kommt in eine Anstalt, wird zwangssterilisiert. Kein Arzt fragt nach Gründen für ihre Erkrankung. Heute wird die in Hamburg lebende Bildhauerin und Autorin 100 Jahre alt.
„Dorothea Buck ist die vielleicht letzte Überlebende von „Euthanasie“und Zwangssterilisation in der NS-Zeit“, sagt die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs. Bucks Engagement für eine neue Kultur des Umgangs mit psychisch erkrankten Menschen sei beeindruckend. Seit vier Jahren lebt die alte Frau in einem Pflegeheim. Geistig ist sie noch fit und wissbegierig. Bis heute schreiben ihr viele Psychiatrie-Patienten und bitten um Rat.
Niemand habe sie informiert, dass sie damals unfruchtbar gemacht werden sollte. „Psychiater waren maßgeblich an der Zwangssterilisierung von bis zu 400 000 vor allem psychisch kranker und geistig behinderter Menschen beteiligt“, teilt die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde über die Jahre der NSDiktatur mit.
Seit sie ihre Krankheit verstanden habe, sei sie geheilt, sagt Buck. Zusammen mit anderen Betroffenen gründete sie den Bund der „Euthanasie“Geschädigten und Zwangssterilisierten sowie den Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener, dessen Ehrenvorsitzende sie ist.
Für ihren Einsatz erhielt Buck unter anderem das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Einen Tag nach ihrem 100. Geburtstag ist in der Universität Hamburg ein Symposium zu Ehren Bucks geplant. Ans Aufhören denkt sie nicht: „Solange ich noch gut beieinander bin und was erreichen kann, werde ich das weitermachen.“(dpa)