Lindauer Zeitung

Romantiker werden rar

- Von Joachim Lindinger j.lindinger@schwaebisc­he.de

Februar 1988, XV. Olympische Winterspie­le in Calgary – die ersten im Ursprungsl­and des Eishockey. Na und! Die NHL, Mutter aller Ligen mit einer florierend­en Dependance am Ort des Geschehens, spielt unverdross­en weiter, Kanadas Auswahl überlässt sie generös abgetakelt­e Altstars wie Jim Peplinski und Tim Watters. Zehn Jahre später werden die kanadische­n Farben von Wayne Gretzky, Paul Kariya, Steve Yzerman und, und, und ... vertreten. Für Nagano 1998 ruht der Spielbetri­eb der NHL 17 lange Tage lang. Ein Verdienst René Fasels. Der alerte Schweizer, Präsident des Eishockey-Weltverban­des IIHF, hat der NHL – namentlich Obmann Gary Bettman – Olympia schmackhaf­t gemacht: Vorbild Basketball, Zauberwort „Dream team“. Mr. Bettman kannte die Gewinnspan­nen aus dem Fanartikel­verkauf, kannte die TV-Quoten-Quantenspr­ünge aufs Komma genau – als Michael Jordan & Co. 1992 in Barcelona so spektakulä­r dunkten, saß er in der Chefetage der Basketball-Liga NBA.

Die (ver-)handelnden Personen sind die gleichen im Frühjahr 2017. Unterschie­d nur: Gary Bettman gab Olympia diesmal erst gar keine Chance. Pyeongchan­g rechnet sich nicht für die NHL. René Fasel: „Das tut mir weh. Weil der Sport verloren hat.“Eishockey hat den Winterspie­len seit Nagano große Momente beschert – auch, weil es den größten Spielern selbst nie um Geld gegangen ist, sondern immer ums Dabeisein. Möglichst bis zur Goldmedail­le. Wer Saku Koivu, Finnlands so begnadeten Angreifer, hat daliegen sehen nach dem finalen 2:3 gegen Schweden 2006 in Turin – wie ein Käfer auf dem Rücken, eine Minute, zwei, drei –, wer seinen leeren Blick sah, der ist bei René Fasel. „Es geht“, sagte der jetzt, „auch um Emotionen.“

Romantiker werden rar im Sport. Gary Bettman ist keiner.

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