Brandenburger Tor statt Bierzelt
Der ehemalige US-Präsident Barack Obama diskutiert am 25. Mai in Berlin mit Angela Merkel
BERLIN - Gerade erst hatte er sich verabschiedet, schon bald kehrt er zurück, dorthin, wo er einst von Zweihunderttausend Menschen bejubelt worden war. Barack Obama kommt nach Berlin. Der frühere USPräsident wird am 25. Mai vor dem Brandenburger Tor gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Evangelischen Kirchentag auftreten. Ein Highlight des fünftägigen Gottesfestes vom 24. bis 28. Mai, zu dem in der Hauptstadt mehr als 140 000 Gläubige erwartet werden.
„Yes we can!“auf dem Kirchentag, der Friedensnobelpreisträger als Stargast – die Organisatoren freuen sich über den gelungen Coup. „Ja, er kommt!“, bestätigte die Präsidentin des Kirchentages in Berlin. Nein, mit Wahlkampf für Kanzlerin und CDUChefin Angela Merkel habe dies nichts zu tun, versichert der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm.
Das Treffen mit Obama dürfte der Kanzlerin gelegen kommen. Noch bevor sie die mächtigsten Staats- und Regierungschefs im Juni zum G20Gipfel in Hamburg empfangen und der neue US-Präsident Donald Trump erstmals nach Deutschland kommen wird, gibt es das Wiedersehen mit Obama auf großer Bühne in Berlin. Ein Auftritt vor riesigem Publikum und Bilder, die der Kanzlerin drei Monate vor der Bundestagswahl gerade recht kommen.
„Bye-Bye, Berlin!“, hieß es im November im Kanzleramt bei seinem letzten offiziellen Treffen als scheidender US-Präsident mit Merkel. Es werde nicht sein letzter Besuch in Deutschland gewesen sein, versprach Obama damals. Einen Wunsch habe er noch: das Münchner Oktoberfest besuchen. Und das mache eben mehr Spaß, wenn man nicht mehr Präsident sei. Jetzt heißt es Kirchentag statt Oktoberfest.
Obama und Merkel werden diskutieren zum Thema „Engagiert Demokratie gestalten – Zuhause und in der Welt Verantwortung übernehmen“. Ein Höhepunkt des Protestantentreffens, das im Zeichen des 500. Jahrestages der Reformation steht.
Dass es so schnell zum Wiedersehen zwischen Merkel und Obama kommen würde, hatten beide wohl bei ihrem Abschied im November nicht gerechnet. Obama in Berlin, es wird wohl ein Heimspiel wie schon bei seinen vergangenen Auftritten. Etwa im Juni 2013, als er bei tropischen Temperaturen vor dem Brandenburger Tor mit einer großen Rede an John F. Kennedys Spruch „Ich bin ein Berliner“angeknüpft hatte. Oder im Sommer 2008, als er noch als Senator und Präsidentschaftskandidat der Demokraten gekommen war, vor mehr als 200 000 begeisterten Zuhörern an der Berliner Siegessäule sprach und Berlin in einen „Yes, we can“-Rausch versetzte. Dass Merkel ihm damals einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte und gegen einen Auftritt des Wahlkämpfers vor dem Brandenburger Tor war – alles längst vergessen.
Holpriger Start
„Sie steht für große Glaubwürdigkeit, und sie ist bereit, für ihre Werte zu kämpfen“, lobte Obama Merkel zum Abschied in den höchsten Tönen. „Ich bin froh, dass sie da ist und die Deutschen sollten sie wertschätzen“, riet er damals noch als Präsident. Obama und Merkel waren enge politische Partner, die nach einem holprigen Start schließlich zusammengerückt sind. Die Kanzlerin sei die Politikerin, mit der er in den vergangenen Jahren „wahrscheinlich am engsten zusammengearbeitet“habe, blickte der scheidende US-Präsident zurück. Er wolle sich eigentlich nicht einmischen. „Aber wenn ich Deutscher wäre, wäre ich ihr Anhänger“, schwärmte der Trump-Vorgänger beim Abschiedsbesuch.
ZDF-Moderator Peter Hahne hat den geplanten Auftritt Obamas kritisiert. „Ist nicht seine Politik es, die Trump überhaupt erst möglich machte?“, sagte der Theologe der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der frühere US-Präsident habe trotz seiner „Heilsversprechen“das Gefangenenlager Guantanamo betrieben und Syrien im Stich gelassen. Obama sei ein „abgehalfterter Messias“, sagte Hahne und warf der Evangelischen Kirche in Deutschland „parasitäre Publizität“vor.