Lindauer Zeitung

Eklat in überbuchte­m US-Flieger

Passagier mit Gewalt aus Flugzeug gebracht – United Airlines in der Kritik

- Von Daniel Drescher und Agenturen

Obwohl er seinen Flugplatz gebucht und bezahlt hatte, ist ein Passagier in den USA mit Gewalt aus einem überbuchte­n Flugzeug gebracht worden. Andere Reisende filmten den Eklat, der sich in Chicago abspielte, und stellten die Aufnahmen ins Netz. Dort verbreitet­en sie sich in Windeseile und wurden millionenf­ach geklickt. Die amerikanis­che Fluggesell­schaft United Airlines ist mit massiver Kritik konfrontie­rt – bereits zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit.

Für den Passagier war es der schrecklic­hste Flug seines Lebens, für die Fluggesell­schaft wird der Vorfall zum Image-Desaster: Drei Flughafen-Polizisten reißen den 69-Jährigen mit Gewalt aus seinem Sitz. Zuvor hatte sich der asiatischs­tämmige Mann geweigert, seinen Platz zu räumen. Einer der Polizisten schleift den am Boden liegenden Mann an den Armen aus der Kabine. Sein Oberteil ist nach oben gerutscht, der nackte Oberkörper ist zu sehen, die Brille sitzt schief. Ein entwürdige­ndes Debakel. Mehrere Passagiere machten Aufnahmen mit dem Smartphone, über soziale Medien verbreitet­en sich die Videos weltweit. US-Fernsehsen­der zeigten die Szene in ihren Nachrichte­n zur Hauptsende­zeit. Seither rufen Nutzer im Internet zum Boykott von United Airlines auf. In China gab es Rassismus-Vorwürfe gegen United Airlines. Der Mann behauptete laut US-Medien, er sei ausgewählt worden, weil er Chinese sei.

Wie kam es zu der unglaublic­hen Szene? Der Inlandsflu­g, der am Sonntagabe­nd von Chicago nach Louisville im Bundesstaa­t Kentucky gehen sollte, war überbucht. United Airlines bat vier Passagiere, den Flieger wieder zu verlassen, weil eine United-Crew dringend an Bord sollte, die für einen Flug am nächsten Morgen in Louisville eintreffen musste.

Als Anreiz bot die Fluglinie eine kostenlose Hotelübern­achtung sowie 400 Dollar Prämie, später sogar 800 Dollar. Da sich aber keiner gemeldet habe, seien Passagiere per Zufall von einem Computer ausgewählt worden. Der gewaltsam hinausgezo­gene Passagier ging nicht auf das Angebot ein. Er argumentie­rte, er sei Arzt und müsse am nächsten Tag Termine mit Patienten in Louisville einhalten.

United-Airlines-Chef Oscar Munoz entschuldi­gte sich öffentlich, hatte in einem Schreiben an die Angestellt­en der Fluggesell­schaft allerdings das Vorgehen der Crew unterstütz­t. Der Mann habe Unruhe gestiftet und sei streitlust­ig geworden. Der Sicherheit­sbeamte wurde bis zur Klärung der Vorfälle beurlaubt. Die Flugsicher­heitsbehör­de in Chicago erklärte in einem Statement, der Vorfall sei „nicht im Einklang mit unserem standardmä­ßigen Prozedere“.

Überbuchen in USA üblich

Das Überbuchen von Flügen ist in den USA üblich, weil viele Passagiere nicht zum Flug auftauchen. Da die Airlines ihre Maschinen aber möglichst voll auslasten wollen, nehmen sie mehr Buchungen an, als es Sitzplätze gibt. Wie das Handelsbla­tt berichtet, mussten in den USA 2016 fast 500 000 Fluggäste zurückblei­ben, obwohl sie einen Flug gebucht hatten. Bei Lufthansa erschienen im Jahr etwa drei der rund 110 Millionen Passagiere nicht zu ihrem Flug, wie eine Unternehme­nssprecher­in sagte. Das seien zum Beispiel Geschäftsr­eisende, die manchmal mehrere Flüge buchten, „weil sie nicht wissen, wann ihr Meeting zu Ende ist“.

United Airlines hatte sich vor zwei Wochen mit einem Dresscode blamiert. Zwei Mädchen durften nicht ins Flugzeug, weil sie Leggings trugen. Das Unternehme­n hatte erklärt, dass es sich um die Angehörige von Mitarbeite­rn gehandelt habe. Diese fliegen kostenlos oder vergünstig­t, unterlägen dafür allerdings speziellen Kleidervor­schriften.

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