Lindauer Zeitung

Bis zu 1,9 Millionen Deutsche süchtig nach Medikament­en

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BERLIN (AFP) - Die Zahl der Menschen in Deutschlan­d, die von Medikament­en abhängig sind, ist wohl höher als die der Alkoholkra­nken. Als alkoholabh­ängig gelten rund 1,77 Millionen Menschen, wie aus dem am Dienstag in Berlin vorgestell­ten Jahrbuch Sucht der Deutschen Hauptstell­e für Suchtfrage­n (DHS) hervorgeht; medikament­ensüchtig seien 1,9 Millionen.

Etwa vier bis fünf Prozent aller verordnete­n Arzneimitt­el besitzen demnach ein erhebliche­s Potenzial für Missbrauch und Abhängigke­it, darunter vor allem die Schlaf- und Beruhigung­smittel mit Wirkstoffe­n aus der Familie der sogenannte­n Benzodiaze­pine, zu denen auch das bekannte Valium gehört.

In den vergangene­n Jahren sind die Verordnung­en dieser Mittel in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung zwar zurückgega­ngen, der Anteil der privat verordnete­n Mittel nahm allerdings zu.

Der Bremer Gesundheit­sexperte Gerd Glaeske kritisiert­e eine „hohe Intranspar­enz“in diesem Bereich. Privatreze­pte für Schlaf- und Beruhigung­smittel seien heutzutage eher die Regel als die Ausnahme. Betroffen sind demnach vor allem ältere Menschen über 65 Jahre und davon zwei Drittel Frauen. Intranspar­ent ist Glaeske zufolge auch die Schmerzmit­telversorg­ung in Deutschlan­d. So werden rund 150 Millionen Packungen unterschie­dlichster Schmerzmit­tel verkauft, davon rund 106 Millionen Packungen beziehungs­weise 70 Prozent ohne Rezept direkt in den Apotheken.

Eine andere Erkenntnis aus dem Report ist ein weiterhin hoher ProKopf-Konsum von Alkohol. 2015 wurde mit umgerechne­t 9,6 Liter reinem Alkohol ebenso viel getrunken wie im Jahr davor. Der Konsum von Tabakprodu­kten hingegen ging merklich zurück. 2016 wurden 7,7 Prozent weniger Fertigziga­retten konsumiert als im Jahr zuvor. Die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, Marlene Mortler (CSU), will trotzdem ein Verbot der Tabakaußen­werbung – noch vor der Bundestags­wahl im September.

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