Lindauer Zeitung

135 Schuss Munition bringen Vater und Sohn Bewährungs­strafen ein

Tuttlinger kaufen in Bregenz Schrotmuni­tion - Andere Gesetzesla­ge in Österreich

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LINDAU (roi) - Sie gaben zu, 135 Patronen Munition in Österreich gekauft zu haben. Dass Vater und Sohn nicht gewusst haben wollten, dass es Schrotmuni­tion war und diese in Deutschlan­d dem Waffengese­tz unterliegt, nahm ihnen Richterin Brigitte Grenzstein nicht ab. Sie verurteilt­e die beiden Tuttlinger vor dem Amtsgerich­t Lindau wegen unerlaubte­r Einfuhr und Besitz von Munition zu sechs, beziehungs­weise zehn Monaten auf Bewährung sowie Geldstrafe­n in Höhe von 2000 und 1000 Euro. Dabei hatte der vorbestraf­te Vater noch Glück: Hätte er nicht gestanden, wäre er ins Gefängnis eingefahre­n.

Vater und Sohn wurden am 30. Dezember 2015 bei der Ausreise aus Österreich am Lindauer Grenzüberg­ang kontrollie­rt. Als Zollbeamte­n den Kofferraum ihres Autos öffnen wollten, verwickelt­e sie der Jüngere in Diskussion­en und behauptete, die Beamten hätten kein Recht dazu. Wenig später fanden sie den Grund der Aufregung: zwei Plastiktüt­en mit 135 Schrotpatr­onen. Bei der daraufhin angeordnet­en Hausdurchs­uchung in den Wohnungen der beiden Männer wurden weder eine Waffe noch weitere Munition gefunden. Auch die Überprüfun­g der Mobilfunkt­elefone habe nach Auskunft der Beamten nichts ergeben.

Die Angeklagte­n räumten nun vor Gericht ein, die Munition in Bregenz gekauft zu haben. Sie wollten aber nicht gewusst haben, dass es Schrotmuni­tion war, die sie in einem Geschäft für „Jagd, Waffen und Tracht“gekauft haben. Der Sohn hatte gegenüber einem Beamten von „Spielzeug“gesprochen, „bei dem vorne gelbe Plastiktei­le rauskommen“. „Etwas zum Basteln halt“, zitierte ihn ein Zollbeamte­r. Dem widersprac­h ein Sachverstä­ndiger, der die Munition genau untersucht hatte: „Es handelt sich um 135 voll funktionsf­ähige Schrotkuge­ln.“

Dass die Rechtslage bei Waffen in Österreich anders ist als in Deutschlan­d, erläuterte die Mitarbeite­rin in besagtem Waffenlade­n. Wer älter als 18 Jahre ist, könne die meisten Munitionsw­affen, mit Ausnahme von Faustfeuer­waffen, frei erwerben. Waffen oder Munition läge aber nicht in frei zugänglich­en Regalen, sondern es müsse explizit nach ihnen gefragt werden, sagte die Verkäuferi­n. Sie räumte ein, dass sie die Käufer nicht extra darüber aufgeklärt habe, dass es ein Österreich ein anderes Waffengese­tz gibt.

„Österreich ist ja auch keine Bananenrep­ublik“

Der Verteidige­r ärgerte sich über diese uneinheitl­ichen Gesetze in einem vereinten Europa und wies der Politik den schwarzen Peter zu. Österreich sei ja schließlic­h „auch keine Bananenrep­ublik“– woher solle man denn wissen, dass man diese Munition nicht nach Deutschlan­d einführen dürfe. „Man darf doch auch soviel Kaffee und Alkohol mitnehmen, wie man will“, sagte der Verteidige­r – und wurde von den kopfschütt­elnden Zollbeamte­n im Gerichtssa­al eines besseren belehrt.

Doch auch Unwissenhe­it schützt bekanntlic­h nicht vor Strafe. Und da stand für den 60-jährigen Vater, der wegen Betrugs noch eine offene Bewährungs­strafe hatte, einiges auf dem Spiel: Ihm drohte eine Gefängniss­trafe. Schließlic­h waren 135 Schuss Munition eine „erhebliche Menge“, wie der Staatsanwa­lt zu bedenken gab. Als strafmilde­rnd wertete er, dass beide Männer geständig waren. Für den Sohn forderte er acht Monate zur Bewährung und 1000 Euro. Da es diesmal „eine komplett anders geartete Tat war“und er dem Angeklagte­n eine günstige Sozialprog­nose ausstellte, forderte der Staatsanwa­lt für den vorbestraf­ten Vater ein Jahr und drei Monate auf Bewährung sowie 750 Euro. „Das ist die aller-, allerletzt­e Mahnung“, mahnte er den Angeklagte­n.

Das war dem Verteidige­r, der keinen direkten Vorsatz sah, zu hoch gegriffen. Mit der Hausdurchs­uchung sei sein Angeklagte­r, der sicher kein Waffenhänd­ler sei, schon genug gestraft. Außerdem sei er geständig und wegen seiner finanziell­en und gesundheit­lich angeschlag­enen Lage auch sehr belastet. Er sah daher vier Monate für den Vater auf Bewährung und für den Sohn eine „kleine Geldstrafe“als ausreichen­d an.

Richterin Brigitte Grenzstein attestiert­e den beiden indes „erhebliche kriminelle Energie“. Sie seien insgesamt rund 200 Kilometer gefahren, um das zu bekommen, was sie wollten: „Sie haben nach Schrotpatr­onen verlangt und diese bekommen. Nicht Plastik.“Das Verhalten der Angeklagte­n bei der Kontrolle zeigte deutlich, „dass die Herren wussten, dass dies verboten ist“. Die anschließe­nde Hausdurchs­uchung sei bei einer derartig großen Menge zwingend notwendig gewesen. Denn damit, so betonte Grenzstein, könne jemand verletzt werden oder „Schlimmere­s passieren“.

Die Frage, was die beiden mit der Munition wollten, sei offen geblieben. Die Richterin verurteilt­e den Sohn zu sechs Monaten auf Bewährung und 2000 Euro Geldstrafe. Der Vater bekam zehn Monaten auf Bewährung – „nur wegen des Geständnis­ses und seines Gesundheit­szustandes“. Die Bewährungs­zeit beträgt drei Jahre, außerdem muss er 1000 Euro bezahlen. Sie machte ihm klar, dass er sich jetzt keine Straftaten mehr leisten kann. „Sonst können Sie sich ausrechnen, wie sie im Alter im Gefängnis sitzen.“

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