Lindauer Zeitung

„Dauert Jahre, bis sich Bestand erholt“

Verunreini­gung im Mühlbach tötet neben Fischen auch Kleinlebew­esen

- Von Ingrid Grohe

LINDENBERG - 500 verendete Fische haben Mitglieder des Kreisfisch­ereiverein­s am Freitag aus dem Lindenberg­er Mühlbach geholt, nachdem Reinigungs­mittel in das Gewässer gelangt war. Die Zahl der toten Tiere bildet den entstanden­en Schaden nur zum Teil ab, macht Vorsitzend­er Jürgen Piechatzek deutlich. Fische der diesjährig­en Brut, die erst drei bis vier Zentimeter groß seien, konnten bei der Schadenerh­ebung nicht erfasst werden. Bis sich das Gewässer ganz erholt, werde es möglicherw­eise Jahre dauern, vermutet Piechatzek. Wasserwirt­schaftsamt und Polizei sind indes mit der Ermittlung von genauer Ursache und Verantwort­lichen beschäftig­t.

Auf einer Strecke von knapp zwei Kilometern – ungefähr zwischen Hallenbad und Einmündung Moosbach – ist nach Einschätzu­ng von Jürgen Piechatzek der Fischbesta­nd „komplett kaputt“. Das Problem: Die Giftstoffe, die in den Mühlbach gelangt sind, haben nicht nur Fische getötet, sondern auch all die Kleinlebew­esen am Gewässergr­und, die den Fischen als Nahrung dienen. Wenn sichergest­ellt sei, dass keine Schadstoff­e mehr im Bach sind, könnte sich durch Eintrag von oben und über Insektenfl­ug die Biologie allmählich normalisie­ren, meint Piechatzek.

Monitoring für Bestandsen­twicklung

Er geht davon aus, dass die Fischer erst im nächsten Jahr neue Bachforell­en im Mühlbach aussetzen. „In der Folgezeit machen wir ein Monitoring, um den Bestand zu beobachten.“Für diese Überwachun­gsmaßnahme werden die Fische mit Strom betäubt, kurzzeitig aus dem Wasser geholt, gezählt und wieder in den Bach entlassen.

Noch nie hat Piechatzek, der seit Kindheit angelt und seit 20 Jahren dem Vorstand des Kreisfisch­ereiverein­s angehört, ein Fischsterb­en in dieser Größenordn­ung erlebt. Das Bedauern ist ihm anzuhören, wenn er schildert, wie stabil das Vorkommen der Bachforell­e im Lindenberg­er Mühlbach bisher war. Es werde viel Aufwand erfordern – an Geld und Arbeitslei­stung – um diesen Zustand wieder zu erreichen. „Vage geschätzt“könne das zwei Jahre dauern. Der finanziell­e Wert von 500 verendeten Fischen spielt in den Augen des 59-jährigen Lindenberg­ers nicht mal die wesentlich­e Rolle, denn: „Bachforell­en, die im Wildwasser aufgewachs­en sind, kann man gar nicht kaufen.“Die Fischkadav­er sind laut Piechatzek derzeit bei einem Fischer eingefrore­n. Sie werden nächstens von einer Entsorgung­sfirma abgeholt. Einige Kadaver hat das Wasserwirt­schaftsamt gesichert und an das Landesamt für Umweltschu­tz geschickt. Dieses soll analysiere­n, was die Fische getötet hat. Die Tierkörper geben darüber vermutlich mehr Aufschluss als die Wasserprob­en, die das Wasserwirt­schaftsamt schon am Freitag genommen hat. Diese waren bereits stark verdünnt.

Gestern nahmen Mitarbeite­r der Kemptener Behörde den Mühlbach erneut in Augenschei­n. Sie untersucht­en, welche lebenden Organismen im Sediment noch vorhanden sind. Das Ergebnis ist laut Amtsleiter Karl Schindele nicht ganz so erschütter­nd, wie zunächst befürchtet. Bis zur Einmündung Moosbach sei die Biologie zwar deutlich geschädigt – „aber es ist noch Leben drin in der Gewässerso­le“. Folgen für die Rottach, in die der Mühlbach mündet, wurden laut Behördenle­iter Schindele nicht festgestel­lt.

Laut Lindenberg­er Polizeiche­f Christian Wucher ist klar, an welcher Stelle die Giftstoffe in den Mühlbach gelangten. Befragunge­n sollen nun klären, wer für die Gewässerve­runreinigu­ng in strafrecht­lichem Sinne verantwort­lich ist. „Wir sichern Beweise, sichten sie und werten sie aus“, sagt Wucher über das Vorgehen der Polizei. Ihre eigenen Erkenntnis­se und die vom Wasserwirt­schaftsamt gelieferte­n Untersuchu­ngsergebni­sse leitet die Polizei an die Staatsanwa­ltschaft weiter.

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