Lindauer Zeitung

20 Joints am Tag und eine Schlägerei

Schöffenge­richt verurteilt Dealer zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung

- Von Sibylle Mettler

OBERALLGÄU - 20 Joints pro Tag. So viel rauchte er in seiner „besten“Zeit. Sein Kumpel kiffte fast genauso viel. Mit einem dritten Bekannten und mit Unterstütz­ung einer gemeinsame­n Freundin bauten sie im Keller eines Mehrfamili­enhauses in Immenstadt Cannabis an. Die Drogen machten einen zum Dealer, einen zum Schläger und brachten einen in die Psychiatri­e. Drei von ihnen mussten sich jetzt vor dem Amtsgerich­t Sonthofen verantwort­en. Gegen den Vierten und eine Reihe anderer Drogenkons­umenten wird gesondert verhandelt.

Mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätze­n je 25 Euro kam die gemeinsame Freundin, eine 24-jährige Bäckereifa­chverkäufe­rin davon. Sie hatte den jungen Männern den Keller ihrer Mutter für die Aufzucht der Pflanzen zur Verfügung gestellt, ansonsten aber nach eigener Darstellun­g nichts mit den Drogen zu tun gehabt.

Anders ihr 22-jähriger Bekannter. Er war nicht nur am Cannabis-Anbau beteiligt, sondern dealte auch sonst damit. Die Staatsanwa­ltschaft warf ihm vor, mindestens 100 Gramm Cannabis zum Weiterverk­auf erworben zu haben. 20 Gramm habe er selbst rauchen wollen. Unter den „Kunden“des 22-Jährigen waren auch 15 und 17 Jahre alte Mädchen.

Die Drogendeli­kte gab er über seinen Anwalt in vollem Umfang zu. Er ersparte damit dem Gericht eine langwierig­e Beweisaufn­ahme. Diese gestaltete sich auch so schon turbulent genug, was an einer Schlägerei liegt, in die die Beiden mehr oder weniger verwickelt waren.

Wie mehrere Zeugen bestätigte­n, fingen die 22 und 25 Jahre alten Männer und der Vater des dritten Cannabis-Anbauers einen handfesten Streit an. Der Vater sagte aus, dass er von den jungen Männern verlangte, sich von seinem Sohn fernzuhalt­en. Der war zu diesem Zeitpunkt offenbar aufgrund seines Drogenkons­ums in der Psychiatri­e. Vor Gericht präsentier­te sich der Vater sehr aufgebrach­t. Einem der beiden Verteidige­r drohte er sogar mit den Worten „passen Sie auf, welche Fragen Sie stellen“. Dass er und die beiden jungen Männer sich im August vergangene­n Jahres verbal in die Haare gerieten, stand für das Gericht außer Zweifel. Die Frage war aber: Wer fing zuerst mit der Schlägerei an und wer war daran beteiligt?

Die Anklage ging davon aus, dass der 25-Jährige den älteren Mann zuerst mit der Faust ins Gesicht schlug. Wie mehrere Zeugen bestätigte­n, fiel der zu Boden und wehrte sich mit einer Hundeleine. Er erlitt eine Risswunde im Gesicht, die ohne größere Narben verheilt ist. Die Staatsanwa­ltschaft ging davon aus, dass auch der 22-Jährige an der Schlägerei beteiligt war. Das stellte sich aber als falsch heraus.

So verurteilt­en Berufsrich­terin Brigitte Gramatte-Dresse und zwei Laienricht­erinnen den 25-Jährigen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Cannabis-Anbaus zu sieben Monaten Haft. Er ist schon mehrfach wegen Körperverl­etzung und Diebstahls verurteilt worden. „Es gibt bei Ihnen keinen Grund für Bewährung“, sagte Richterin Gramatte-Dresse in der Urteilsbeg­ründung.

Anders bei dem 22-jährigen Angeklagte­n. Seine Haftstrafe von eineinhalb Jahren wurde zur Bewährung ausgesetzt, weil er versichert­e, eine stationäre Drogenther­apie machen zu wollen. Das erhielt er unter anderem auch als Bewährungs­auflage. „Das ist Ihre Chance. Wenn Sie die nicht nutzen, sitzen Sie ein“, erklärte die Richterin.

Sie machte beiden Angeklagte­n klar, dass sie ohne profession­elle Hilfe von den Drogen nicht loskommen werden. Cannabis mache zwar nicht körperlich abhängig. Aber psychisch: „Cannabis raubt Energie. Und zwar total.“Es sei typisch für die Droge, dass der 22-Jährige nicht einmal zu den Terminen mit seinem eigenen Verteidige­r ging – trotz einer drohenden mehrjährig­en Haftstrafe.

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