ArtGenossen
Ausstellung in Bad Saulgau zeigt zeitgenössische Kunst
BAD SAULGAU - „ArtGenossen – Das Tier und wir“heißt die neue Ausstellung der Galerie Fähre im Alten Kloster Bad Saulgau: Zwölf zeitgenössische Künstler aus den USA, Australien und Süddeutschland enthüllen in Fotografie, Zeichnung, Malerei und Skulptur faszinierende Aspekte der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Sie thematisieren den Blick des Zeitgenossen auf die Artgenossen. Aber ist es denn so, dass wir uns Tieren wirklich noch verwandt fühlen? Beuten wir sie nicht vielmehr als Nutztier aus, missbrauchen sie als Partnerersatz oder bedrohen ihre Art?
Im Lichthof des Alten Klosters fällt der Blick zuerst auf einige rohe Tierfiguren von Thomas Putze. Grob mit der Kettensäge bearbeitetes Holz transformiert sich zusammen mit Alltagsutensilien zu Tierfiguren wie „Bürstensau“oder „Affe auf Rollern“. Minimalistisch in der Formgebung und spartanisch im Detail entfalten sie eine starke Wirkung, selbst im Miniformat der „Käfighaltung“, ein kleines offenes Quadrat mit einem eingezwängten Äffchen.
Auf den Ölgemälden von Pavel Feinstein begegnen sich in Leintüchern eingewickelte Riesenfische und Katzen mit gesträubtem Haar, ein grimmiger Pavian malt einen furchtsam blickenden Jagdhund, eine grüne Riesenechse schleicht auf einem köstlich gedeckten Tisch herum. Feinstein verbindet subtile Materialität mit skurrilen Themen: Hier haben die Tiere die bürgerliche Welt erobert.
Hartmut Kiewert nimmt das Wort „Haustier“wörtlich. Ein fast lebensgroßes schlafendes Kalb liegt vor einer Rankentapete auf glänzendem Parkett, eine riesige Muttersau säugt fünf ihrer zwölf unternehmungslustigen Ferkel auf einem gemusterten Teppich, ein Ohrensessel wird von einer schlafenden Katze und zwei neugierigen Hühnern belagert. Kiewerts verblüffend taktile Malweise verhilft diesen tierischen Stillleben zu überwältigender Präsenz und, indem sie der menschlichen Sphäre angehören, auch zu einer neuen Würde, welche sie in ihrer Funktion für den Menschen längst eingebüßt haben.
Inspiriert von den Höhlenmalereien in Lascaux und der Grotte Chauvet, erinnern Gerold Jäggles Stierplastiken im Miniaturformat an eine Götzenanbetung. In visueller Entsprechung agieren sie mit den riesigen Schwarzweißfotos des Australiers Gary Heery, die Kragenechse, Nashorn oder Elefantenrobbe wie mythische Gottheiten ehrfurchtgebietend aus dem Dunkel herausleuchten lassen. Wie Traumgebilde in surrealen und mit Allegorien überfrachteten Räumen tauchen gigantische Tiere in Bruno Pontirolis Ölgemälden auf, während Zeichner wie Hermann Schenkel mit knappen Konturen die vertraute und liebevolle Gemeinschaft von Mensch und Tier beschreiben.
Thomas Nolden interessiert das Schaf als Erscheinung in der Natur, Volker Sonntag bringt das Tier in dialogische Beziehung zum Menschen. Rudi Hurzlmeier steckt Tiere in Kleider oder Wanderstiefel, setzt sie an den Tisch oder vor den Computer und verniedlicht somit eher ihre allgewaltige Vermenschlichung. Von Sarkasmus und Empathie zum Tier sind Elliott Erwitts Fotos von Hunden und ihren Besitzern aus New York geprägt. William Wegman, ebenfalls amerikanischer Fotograf, geht noch einen Schritt weiter. Seine dressierten Weimaraner kleidet er in Nerzdecken und Leopardenmantel und fotografiert sie als Unikate mit PolaroidKamera, ein seltenes Verfahren.
Gerade weil diese Ausstellung mehr Fragen stellt als sie Antworten bereit hält, bietet sie eine Fundgrube für die Beschäftigung mit dem Thema und eine Perspektive auf das Tier in uns.