Lindauer Zeitung

Entfesselt­e Künstlerin­nen im Mittelpunk­t

Kurator erklärt Thema der neuen Ausstellun­g im Schloss Achberg.

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ACHBERG (juma) - Bereits jetzt hängen die ersten Bilder für die Ausstellun­g „Entfesselt – Malerinnen der Gegenwart“im Schloss Achberg an den Wänden. Am 22. April wird die Ausstellun­g mit Werken von 19 Künstlerin­nen wie Rosa Loy, Sarah Schumann, Cornelia Schleime oder Christa Näher eröffnet. Unsere Mitarbeite­rin Julia Marre hat mit Kurator Martin Oswald über die Ausstellun­g gesprochen.

Herr Oswald, die Frau spielte in der Kunst jahrhunder­telang eine untergeord­nete Rolle. Was fasziniert Sie als Kurator an den Malerinnen der Gegenwart?

Mich fasziniert, dass die Malerinnen einen unheimlich starken Auftritt als Künstlerin haben. Sie haben eine riesengroß­e Bandbreite an künstleris­chen Ausdrucksf­ormen der figurative­n Malerei entwickelt. Das einzige Manko, das wir beheben müssen, ist, dass sie noch immer im Schatten der Popularitä­t ihrer männlichen Kollegen stehen.

Den Anstoß zur Ausstellun­g hat das Malerinnen-Netzwerk BerlinLeip­zig gegeben. Inwiefern besteht eine Verbindung zu diesem Netzwerk?

Im Jahr 2015 ist das Malerinnen­Netzwerk gegründet worden, das zufälliger­weise auf eine andere Ausstellun­g zurückgeht, die ich organisier­t hatte. Im Jahr 2014 haben wir auf Schloss Achberg die Ausstellun­g „Kunst Oberschwab­en 1970 bis heute“gezeigt. Beteiligt daran waren mit Kathrin Landa und Alex Tennigkeit auch zwei Künstlerin­nen, die aus Oberschwab­en stammen, heute in Berlin arbeiten und sich bis dato nicht gekannt haben. Aus dem künstleris­chen Austausch ist ein enger Kontakt entstanden – verbunden mit dem Impuls, sich mit der Frau in der Kunst zu befassen.

Einem Thema, dem Sie nun in dieser Ausstellun­g Tribut zollen. Bilder von 19 Künstlerin­nen sind zu sehen, zehn Malerinnen davon stammen aus dem Netzwerk. Wie kam die weitere Auswahl zustande?

Mir ging es darum, Künstlerin­nen auszuwähle­n, die in gewisser Weise Leitfigure­n waren oder noch immer sind. Frauen, die in der Kunst schon etwas bewegt haben. Die in Lindau geborene Christa Näher zum Beispiel war 26 Jahre lang Professori­n an der Frankfurte­r Städelschu­le. Dort hat sie ganze Künstlerge­nerationen geprägt. Sie zählte zu den ersten Frauen in Deutschlan­d, wenn nicht gar im deutschspr­achigen Raum, die eine solche Position innehatte, und ist heute weltweit renommiert. Eine andere Künstlerin, die in der Malerei einen neuen, selbstbewu­ssten Frauentyp ins Bild setzte, ist die 1933 geborene Sarah Schumann: Sie hatte schon 1977 in Berlin die Ausstellun­g „Künstlerin­nen internatio­nal – 1877-1977“organisier­t.

Warum haben es denn Frauen ausgerechn­et in der Malerei derart schwer – schwerer als in anderen Künsten?

In der Malerei herrschten jahrhunder­tealte Traditione­n, die von Männern geprägt waren. Bis zu Beginn des letzten Jahrhunder­ts war Frauen zum Beispiel der Zugang zur Kunstakade­mie verwehrt. Sich da als Künstlerin durchzuset­zen, war natürlich wesentlich schwierige­r. Mittlerwei­le sind wir auf einem guten Weg – dazu soll auch die Ausstellun­g auf Schloss Achberg beitragen. Die an dieser Ausstellun­g beteiligte­n Künstlerin­nen zeigen nämlich aufs Beste, dass sie mit ihren eigenständ­i- gen Positionen jeweils Kunst von Weltrang schaffen.

In der Ausstellun­g „Entfesselt – Malerinnen der Gegenwart“sind knapp 100 Werke zu sehen. Was bedeutet diese umfangreic­he Schau für Sie?

Ich habe keinen Aufwand gescheut und 17 der 19 Künstlerin­nen in ihren Ateliers besucht, mit ihnen ausführlic­he Gespräche geführt und gemeinsam Werke ausgewählt – so dass die Ausstellun­g ein großes Gemeinscha­ftswerk geworden ist. Es sind jeweils Werkgruppe­n zu sehen. Wir hätten natürlich auch von jeder Künstlerin nur ein Bild zeigen und somit 100 Malerinnen ausstellen können – aber das wäre langweilig gewesen und hätte in Kunstbelie­bigkeit geendet.

Wie ist die Ausstellun­g aufgebaut?

Wir haben die Werke in der Ausstellun­g nach Leitmotive­n geordnet – im ersten Stockwerk stehen Porträts im Mittelpunk­t, im zweiten sind es Allegorien und Mythen, im dritten Stockwerk Werke zwischen Gegenwart und Erinnerung. Außerdem haben wir viel für die Vermittlun­g getan: Zu jeder Künstlerin gibt es Banner mit Informatio­nen.

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FOTO: VG BILD-KUNST
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FOTO: UWE WALTER, VG BILD-KUNST Auch das Bild „Sinnliche Intelligen­z“der Malerin Rosa Loy ist ab Samstag, 22. April, im Schloss Achberg zu sehen.
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Martin Oswald

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