Vorsicht Blitzer!
Die Lindauer Polizei nimmt beim Blitzermarathon Temposünder ins Visier
LINDAU (tel) - „46 Stundenkilometer“blinkt es rot auf der Anzeigetafel. 16 zu viel, denn in der Ludwick-KickStraße sind nur 30 erlaubt. Die rote Kelle schnellt nach oben. Der Fahrer des schwarzen Pkws muss rechts ran fahren. Mit schuldbewusstem Blick lässt er das Fenster runter. Es tue ihm leid, er sei kurz abgelenkt gewesen, sagt er zu dem Polizeibeamten Daniel Stoll. Die 25 Euro Bußgeld muss er trotzdem bezahlen. Dann darf er weiterfahren. Daniel Stoll schreibt die Daten auf sein Tabellenblatt. Im Laufe des Tages werden noch sechs weitere Einträge dazukommen. Denn heute ist Blitzermarathon. 24 Stunden lang wird immer wieder an verschiedenen Standorten geblitzt.
Rasen ist gefährlich. Das ist immer noch so. Im Jahr 2016 waren laut Angaben der Polizei 68 Verkehrsunfälle in Lindau auf erhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Das entspricht fünf Prozent aller registrierten Unfälle. In 14 Fällen wurden Personen schwer verletzt, einmal war ein Verkehrstoter zu beklagen. Laut Stoll sind das 25 Prozent aller Unfälle, bei denen Personen schwer verletzt oder getötet wurden.
Prävention funktioniert, zumindest heute
„Wir wollen mit dem Blitzermarathon niemanden zur Kasse bitten, sondern Präventionsarbeit leisten“, sagt Stoll. „Wir sensibilisieren so die Autofahrer, auf ihre Geschwindigkeit zu achten.“Deshalb sind die Blitzerstandorte auch im Internet vom Innenministerium vorher veröffentlicht worden. Die Prävention funktioniert. Zumindest heute. In der Ludwig-Kick-Straße nehmen die Autofahrer deutlich den Fuß vom Gas. „Ich habe die Leute hier noch nie so langsam fahren sehen“, sagt Stoll, während ein Auto mit 10 Stundenkilometern vorbeischleicht. Die Polizeibeamten mitsamt Lasermessgerät sind aber auch unschwer zu erkennen. Sie tragen neongelbe Westen mit der Aufschrift „Polizei“.
Trotzdem hat es einen zweiten Autofahrer erwischt. Erneut schnellt die rote Kelle in die Höhe. Wieder ist der Fahrer 13 Stundenkilometer zu schnell. Drei Stundenkilometer erhöhte Geschwindigkeit liegt noch im Toleranzbereich, danach müssen die Fahrer bezahlen. Für 11 bis 15 Stundenkilometer beträgt das Bußgeld 25 Euro. Es kann sofort in bar bezahlt werden. „Viele machen davon Gebrauch“, sagt Stoll. So könne die Ordnungswidrigkeit gleich vor Ort abgeschlossen werden. Überhaupt sei die direkte Konfrontation des Fahrers mit seinem Fehlverhalten einer der großen Vorteile des Blitzermarathons, so Stoll. „Die Strafe folgt gleich auf dem Fuß und es vergehen keine Wochen, bis der Bußgeldbescheid kommt.“Einen weiteren Vorteil des Blitzermarahtons sieht er darin, dass auch weitere Verkehrsdelikte aufgedeckt werden könnten als nur zu schnelles Fahren. Einmal sei zum Beispiel ein Fahrer ohne gültigen Führerschein angehalten worden.
Der Blitzermarathon ist eine bundesweite Aktion. In diesem Jahr nahmen acht Bundesländer daran teil. Im Landkreis Lindau wurde an elf Stellen geblitzt. Fünf davon fallen in den Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Lindau, die anderen sechs übernimmt die Polizeiinspektion Lindenberg . Der Personalaufwand ist, laut Stoll, gut zu bewältigen. „An einer Messstelle sind zwei bis drei Leute eingeteilt“, sagt er. Es gäbe dabei keine extra Einteilung von Verkehrspolizisten, sondern die Beamten würden die Messstellen während ihrer täglichen Schicht betreuen. Es wird auch nicht 24 Stunden durchgeblitzt. „Zehn bis zwölf Stunden sind die Beamten ungefähr draußen“, erklärt Stoll. Dabei würden die Verkehrspolizisten zwischen den Blitzerstellen rotieren. „Nach etwas 1,5 Stunden ziehen wir um zum nächsten Standort“, sagt er.
„Wir wollen Präventionsarbeit leisten“
Polizist Daniel Stoll
Klischees werden nicht bestätigt
Noch ein drittes und viertes Mal gehen Stoll und seinen Kollegen an der Ludwig-Kick-Straße Temposünder ins Netz. Einmal sitzt eine Frau am Steuer. Dass nur Männer zu schnell fahren, ist laut Stoll aber ein Klischee. „Wir erwischen hier sowohl Männer als auch Frauen in allen Altersklassen“, sagt er. Überhaupt könnten zu schnelle Autofahrer schlecht kategorisiert werden. „Vom dicken Porsche bis zum kleinen Polo haben wir alles dabei“, so der Polizist. Generell würden die Fahrer schuldbewusst und einsichtig reagieren. „Die meisten ärgern sich einfach über das unnötige Geld, das sie bezahlen müssen“. Ausreden müssen die Beamten trotzdem regelmäßig über sich ergehen lassen. „Ich musste dringend aufs Klo“, sei eine der meistgehörtesten und unkreativsten. Einmal ist es Stoll allerdings passiert, dass eine Ausrede der Wahrheit entspricht. „Ich habe eine Frau aufgehalten, die schwanger und auf dem Weg ins Krankenhaus war“, erzählt er.
Nach etwa eineinhalb Stunden wechseln Stoll und seine Kollegen an die Bregenzer Straße, dem nächsten Messstandort. „Hier ist der meiste Verkehr“, sagt Stoll. Während seiner Schicht hat Stoll in fünfeinhalb Stunden sieben Beanstandungen feststellen können. Im letzten Jahr seien in sieben Stunden 19 Tempodelikte zu verzeichnen gewesen. „An Stellen in Lindau, wo häufiger die Geschwindigkeit gemessen wird, kann auf jeden Fall beobachtet werden, dass die Leute langsamer fahren“, sagt Stoll.