Lindauer Zeitung

Vorsicht Blitzer!

Die Lindauer Polizei nimmt beim Blitzermar­athon Temposünde­r ins Visier

- Von Franziska Telser

LINDAU (tel) - „46 Stundenkil­ometer“blinkt es rot auf der Anzeigetaf­el. 16 zu viel, denn in der Ludwick-KickStraße sind nur 30 erlaubt. Die rote Kelle schnellt nach oben. Der Fahrer des schwarzen Pkws muss rechts ran fahren. Mit schuldbewu­sstem Blick lässt er das Fenster runter. Es tue ihm leid, er sei kurz abgelenkt gewesen, sagt er zu dem Polizeibea­mten Daniel Stoll. Die 25 Euro Bußgeld muss er trotzdem bezahlen. Dann darf er weiterfahr­en. Daniel Stoll schreibt die Daten auf sein Tabellenbl­att. Im Laufe des Tages werden noch sechs weitere Einträge dazukommen. Denn heute ist Blitzermar­athon. 24 Stunden lang wird immer wieder an verschiede­nen Standorten geblitzt.

Rasen ist gefährlich. Das ist immer noch so. Im Jahr 2016 waren laut Angaben der Polizei 68 Verkehrsun­fälle in Lindau auf erhöhte Geschwindi­gkeit zurückzufü­hren. Das entspricht fünf Prozent aller registrier­ten Unfälle. In 14 Fällen wurden Personen schwer verletzt, einmal war ein Verkehrsto­ter zu beklagen. Laut Stoll sind das 25 Prozent aller Unfälle, bei denen Personen schwer verletzt oder getötet wurden.

Prävention funktionie­rt, zumindest heute

„Wir wollen mit dem Blitzermar­athon niemanden zur Kasse bitten, sondern Prävention­sarbeit leisten“, sagt Stoll. „Wir sensibilis­ieren so die Autofahrer, auf ihre Geschwindi­gkeit zu achten.“Deshalb sind die Blitzersta­ndorte auch im Internet vom Innenminis­terium vorher veröffentl­icht worden. Die Prävention funktionie­rt. Zumindest heute. In der Ludwig-Kick-Straße nehmen die Autofahrer deutlich den Fuß vom Gas. „Ich habe die Leute hier noch nie so langsam fahren sehen“, sagt Stoll, während ein Auto mit 10 Stundenkil­ometern vorbeischl­eicht. Die Polizeibea­mten mitsamt Lasermessg­erät sind aber auch unschwer zu erkennen. Sie tragen neongelbe Westen mit der Aufschrift „Polizei“.

Trotzdem hat es einen zweiten Autofahrer erwischt. Erneut schnellt die rote Kelle in die Höhe. Wieder ist der Fahrer 13 Stundenkil­ometer zu schnell. Drei Stundenkil­ometer erhöhte Geschwindi­gkeit liegt noch im Toleranzbe­reich, danach müssen die Fahrer bezahlen. Für 11 bis 15 Stundenkil­ometer beträgt das Bußgeld 25 Euro. Es kann sofort in bar bezahlt werden. „Viele machen davon Gebrauch“, sagt Stoll. So könne die Ordnungswi­drigkeit gleich vor Ort abgeschlos­sen werden. Überhaupt sei die direkte Konfrontat­ion des Fahrers mit seinem Fehlverhal­ten einer der großen Vorteile des Blitzermar­athons, so Stoll. „Die Strafe folgt gleich auf dem Fuß und es vergehen keine Wochen, bis der Bußgeldbes­cheid kommt.“Einen weiteren Vorteil des Blitzermar­ahtons sieht er darin, dass auch weitere Verkehrsde­likte aufgedeckt werden könnten als nur zu schnelles Fahren. Einmal sei zum Beispiel ein Fahrer ohne gültigen Führersche­in angehalten worden.

Der Blitzermar­athon ist eine bundesweit­e Aktion. In diesem Jahr nahmen acht Bundesländ­er daran teil. Im Landkreis Lindau wurde an elf Stellen geblitzt. Fünf davon fallen in den Zuständigk­eitsbereic­h der Polizeiins­pektion Lindau, die anderen sechs übernimmt die Polizeiins­pektion Lindenberg . Der Personalau­fwand ist, laut Stoll, gut zu bewältigen. „An einer Messstelle sind zwei bis drei Leute eingeteilt“, sagt er. Es gäbe dabei keine extra Einteilung von Verkehrspo­lizisten, sondern die Beamten würden die Messstelle­n während ihrer täglichen Schicht betreuen. Es wird auch nicht 24 Stunden durchgebli­tzt. „Zehn bis zwölf Stunden sind die Beamten ungefähr draußen“, erklärt Stoll. Dabei würden die Verkehrspo­lizisten zwischen den Blitzerste­llen rotieren. „Nach etwas 1,5 Stunden ziehen wir um zum nächsten Standort“, sagt er.

„Wir wollen Prävention­sarbeit leisten“

Polizist Daniel Stoll

Klischees werden nicht bestätigt

Noch ein drittes und viertes Mal gehen Stoll und seinen Kollegen an der Ludwig-Kick-Straße Temposünde­r ins Netz. Einmal sitzt eine Frau am Steuer. Dass nur Männer zu schnell fahren, ist laut Stoll aber ein Klischee. „Wir erwischen hier sowohl Männer als auch Frauen in allen Altersklas­sen“, sagt er. Überhaupt könnten zu schnelle Autofahrer schlecht kategorisi­ert werden. „Vom dicken Porsche bis zum kleinen Polo haben wir alles dabei“, so der Polizist. Generell würden die Fahrer schuldbewu­sst und einsichtig reagieren. „Die meisten ärgern sich einfach über das unnötige Geld, das sie bezahlen müssen“. Ausreden müssen die Beamten trotzdem regelmäßig über sich ergehen lassen. „Ich musste dringend aufs Klo“, sei eine der meistgehör­testen und unkreativs­ten. Einmal ist es Stoll allerdings passiert, dass eine Ausrede der Wahrheit entspricht. „Ich habe eine Frau aufgehalte­n, die schwanger und auf dem Weg ins Krankenhau­s war“, erzählt er.

Nach etwa eineinhalb Stunden wechseln Stoll und seine Kollegen an die Bregenzer Straße, dem nächsten Messstando­rt. „Hier ist der meiste Verkehr“, sagt Stoll. Während seiner Schicht hat Stoll in fünfeinhal­b Stunden sieben Beanstandu­ngen feststelle­n können. Im letzten Jahr seien in sieben Stunden 19 Tempodelik­te zu verzeichne­n gewesen. „An Stellen in Lindau, wo häufiger die Geschwindi­gkeit gemessen wird, kann auf jeden Fall beobachtet werden, dass die Leute langsamer fahren“, sagt Stoll.

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FOTO: FRANZISKA TELSER Blitzermar­athon 2017: Daniel Stoll winkt einen schwarzen Wagen aus dem Verkehr.

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