Fahrräder auf Polizisten geworfen
In Memmingerberg eskalierte ein Streit in einem Asylbewerberheim – Krisengespräch geplant
MEMMINGERBERG - Karl-Heinz Meyer, Sprecher der Regierung von Schwaben, will die Sache nicht beschönigen: „Wir nehmen das sehr ernst.“Er meint die Randale in und vor einer Asylbewerberunterkunft am vergangenen Samstag. Gegen 15.40 Uhr eskalierte in dem ehemaligen Kasernengebäude auf dem Gelände des Allgäu-Airports in Memmingerberg (Unterallgäu) ein offensichtlich seit Längerem schwelender Streit. Es ging um fehlendes Warmwasser zum Waschen und Duschen. Einige wenige der 106 Bewohner randalierten. Sie sollen Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes bedroht und Scheiben eingeschlagen haben. Dabei erlitt einer der Heimbewohner Schnittverletzungen. Polizei und Rettungsdienst erschienen.
„Rettungskräfte wollten einen Asylbewerber ins Krankenhaus bringen, was andere zu verhindern versuchten“, schildert der Memminger Staatsanwaltschafts-Sprecher Christoph Ebert. Die zur Hilfe gerufenen Polizeibeamten seien dann regelrecht „eingekesselt“worden. Einige jüngere Beamte seien mit der Situation überfordert und von der Aggressivität ihnen gegenüber überrascht gewesen, heißt es aus Polizeikreisen. Schließlich standen den Heimbewohnern über 30 Polizisten von 17 alarmierten Streifen gegenüber. Aus der Menge wurden zwei Fahrräder in Richtung der Polizisten geworfen.
Zudem soll ein Beamter Schläge erlitten haben. Insgesamt wurden vier Polizisten leicht verletzt. „Man kann froh sein, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist“, sagt Präsidiums-Sprecher Jürgen Krautwald. Die Polizei nahm vier mutmaßliche „Rädelsführer“im Alter zwischen 21 und 29 Jahren in Gewahrsam. „Gegen die vier Männer aus Nigeria ist Haftbefehl erlassen worden“, sagt StaatsanwaltschaftsSprecher Ebert.
Probleme seit Dezember
Ihnen werde gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Gefangenenbefreiung vorgeworfen. Juristisch geprüft wird noch, ob man ihnen auch Landfriedensbruch zur Last legen werde. Da bei den Asylbewerbern nach Ansicht der Justiz Fluchtgefahr besteht, sitzen sie in Untersuchungshaft.
Das sind die Fakten. „Wir verurteilen und bedauern diese gewalttätigen Ausschreitungen“, sagt Christel Chott vom Helferkreis Asyl in Memmingerberg. Sie schildert im Gespräch mit unserer Zeitung, dass es schon seit Dezember Probleme mit dem warmen Wasser gebe. Das sei auch der Regierung von Schwaben und der Heimleitung bekannt. Doch niemand habe bisher für Abhilfe gesorgt.
In der Unterkunft können wir kurz mit einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes sprechen. Er war am Samstag Augenzeuge der Randale und sagt: „Ich bin auch angegangen worden und hatte richtig Angst“. Er bestätigt, dass es seit Monaten Probleme mit dem warmen Wasser gebe: „Immer wieder, vor allem im ersten und zweiten Stock.“Das hänge offensichtlich damit zusammen, wie viel Wasser am benachbarten Flughafen benötigt werde. Dadurch komme es dann zu einem Druckabfall in der Leitung, vermutet er.
Immerhin gibt es für alle Beteiligten jetzt so etwas wie einen Hoffnungsschimmer: Voraussichtlich nächste Woche solle ein Gespräch mit allen Beteiligten stattfinden, berichtet Christel Chott vom Helferkreis. Das habe ihr Schwabens Regierungspräsident Karl-Michael Scheufele gesagt. Und der habe seine Teilnahme sogar zugesichert. Am runden Tisch sollen dann auch der Bürgermeister, der Landrat, der Heimleiter, die Polizei und Vertreter des Helferkreises sitzen.
Fehlt ein ständiger Betreuer?
In der Unterkunft in Memmingerberg ist es seit Jahresbeginn zu 40 Polizeieinsätzen gekommen. Mindestens die Hälfte wegen vergleichsweise unbedeutender Anlässe, heißt es von der Polizei. In den vergangenen vier Wochen seien aber drei Mal Beamte angegriffen worden. Das dürfe nicht auf die leichte Schulter genommen werden, meint Krautwald. Der Helferkreis Asyl ist überzeugt: „Einige Dinge müssen verbessert werden“, sagt Christel Chott. Im Gebäude solle ein Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte der Heimbewohner zur Verfügung stehen.