Zweifel? Hat der Intendant nicht
Florian Zwipf-Zaharia muss ein Programm für das Festspielhaus Füssen konstruieren, das Gewinn abwirft
FÜSSEN - Florian Zwipf-Zaharia soll das Festspielhaus Füssen (wieder) zu einer florierenden Kultur- und Theaterinstitution machen. Welche Programm-Ideen der Intendant hat, welche Hürden er sieht und was er Zweiflern entgegnet – darüber sprach Klaus-Peter Mayr mit dem 58-Jährigen.
Herr Zwipf-Zaharia, Sie organisieren für das Festspielhaus ein Kulturprogramm ohne öffentliche Zuschüsse. Meines Wissens nach wären Sie das erste Veranstaltungshaus in Deutschland, das auf diese Weise einen Gewinn erwirtschaftet. Ist das realistisch?
Unserem Konzept nach ist es realistisch.
Wie wollen Sie die 1350 Sitzplätze im Theater immer wieder füllen?
Das Festspielhaus ist nicht nur ein Theater. Wir haben drei große Säulen: erstens das Theater, zweitens die Gastronomie, drittens Event-Veranstaltungen. Alle drei Bereiche zusammen werden es uns ermöglichen, dass wir in die schwarzen Zahlen kommen.
Wie lange haben Ihnen die Besitzer Zeit gegeben, um einen Gewinn zu erwirtschaften?
Wir haben über keinen genauen Termin geredet. Aber es soll so schnell wie möglich sein. Ich selbst setze mir die Frist 2019. Spätestens dann muss es im Festspielhaus richtig laufen. Ich hoffe, dass wir schon 2018 sehr nahe dran sind.
Ein ambitioniertes Ziel.
Ich weiß, das klingt sehr ehrgeizig, vielleicht träumerisch. Aber ich sehe das auch als realistisch an.
Welche Fehler machten die Vorbesitzer, so dass das Haus nicht richtig zum Laufen kam und dann pleite ging?
Dies möchte ich nicht wirklich beurteilen, sie haben vermutlich das, was wir nun machen, nicht in der Komplexität durchdacht und geplant. Ich glaube, man kann hier schwarze Zahlen erreichen, wenn man’s richtig angeht.
Haben Sie sich ein Motto oder eine Leitlinie für das Programm gegeben?
Es gibt kein explizites Motto, aber es gibt eine Leitlinie: Ludwigs Festspielhaus soll ein Ort der Unterhaltung, eine Wohlfühloase sein. Ein Ort, an dem man sich gerne trifft, von Groß bis Klein – auch für Kinder wird etwas geboten sein.
Wer soll überhaupt als Publikum ins Festspielhaus kommen: die Allgäuer, Menschen aus Stuttgart, Ulm oder München, Touristen aus aller Welt?
Sie haben gerade alle genannt. Es wird Theatererlebnisse für Urlauber geben genauso wie Produktionen speziell für Allgäuer. Unser Ziel ist: Wir müssen täglich Menschen im Festspielhaus willkommen heißen.
Ist die Randlage des Festspielhauses nicht ein Hindernis für einen üppigen Zuschauerzuspruch? Füssen liegt nun mal fernab von München oder Stuttgart – und am Rand des Allgäus.
Das ist genau die Frage, die wir uns auch immer wieder stellen. Wir wären nicht hier, wenn wir sie nicht mit Ja beantworten würden. Wir schaffen das! Dafür sind zwei ganz wichtige Komponenten ausschlaggebend: Wir müssen ein Alleinstellungsmerkmal finden und schaffen. Also Momente, die man nur hier erleben, sehen, genießen kann. Dazu ein abwechslungsreiches, interessantes und breites Programm. Und dies entsprechend zielgerichtet und effektiv verkaufen. Dann, so bin ich überzeugt, wird es funktionieren.
Damit sind Sie aber auch Konkurrent der Big Box in Kempten.
Ich sehe uns primär nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung. Es gibt einen ganz großen Unterschied: Die Big Box ist eine Veranstaltungshalle – wir sind ein Theater in einer einmaligen Lage. Das macht uns so besonders und lässt uns hoffen, dass die Menschen nicht nur ins Theater kommen, sondern zum Festspielhaus. Und die Veranstalter entscheiden sich nicht für oder gegen die jeweiligen Häuser, sondern sie schauen ganz genau, wo ihr Produkt besser hinpasst.
Allerdings sind Veranstalter nach der Schließung des Festspielhauses in die Big Box ausgewichen – etwa Oliver Forster. Können Sie die zurückholen?
Herr Forster kommt zurück! Wir haben schon viele Shows vereinbart. Mit seinem Falco-Musical war er gerade schon eine Woche lang zum Proben hier. Aber auch Herr Forster wird sich nicht für Füssen und gegen die Big Box entscheiden. Sondern er sagt: Ich gehe dahin, wo es mir mit der jeweiligen Show am Besten passt.
Sie sprechen von Alleinstellungsmerkmalen des Programms. Die sehe ich momentan noch nicht.
Wer ein Ludwig-Musical sehen will, muss hierherkommen. Das gleiche gilt für die Bühnenshow „Ludwig II. – König der Träume“: Sie wird es in dieser Form und Größe nur hier geben. Außerdem werden wir ein tolles, großes Winter-Varieté mit einmaligem Ambiente um die Weihnachtszeit herum aufbauen.
Vor zwei Jahren waren WagnerOpern aus Bulgarien zu sehen. Im Herbst kommen die Sofioter wieder – mit Wagners Tristan und Isolde und Puccinis Turandot. Sollen Opern fester Bestandteil des Programms sein?
Opern werden sicher immer wieder zu sehen sein. Aber das Festspielhaus wird kein Opernhaus werden. Genauso wenig wie es ein Schauspielhaus wird. Ich bin der Meinung, dass Opern zu einem reichhaltigen Programm gehören. Im September hat das auch damit zu tun, dass wir eine Ergänzung zu den hoffentlich bald wieder stattfindenden Neuschwanstein-Konzerten aufbauen wollen. Eine gewisse Wagner-Pflege ist schon fast ein Muss in Ludwigs Festspielhaus. Zudem wird es eine Kooperation mit dem Augsburger Theater geben, mit dem wir im Laufe einer Spielzeit eine Oper, ein Ballett, ein Schauspiel und ein Konzert aus dem Augsburger Programm in unserem Haus planen.
Veranstalter Allgäu Concerts, der Open Airs am Festspielhaus durchführte, fühlte sich ausgebootet. Spielen Freilichtkonzerte keine Rolle mehr?
Doch, sie werden wieder eine Rolle spielen. Ich bin mit Herrn und Frau Bernhard von Allgäu Concerts im Gespräch über verschiedene Veranstaltungen. Wir werden das kundtun, wenn wir gemeinsam die richtigen Sachen gefunden haben.
Auch Rock-Festivals?
„Rock the King“wird es hier nicht mehr geben; das sieht auch Herr Bernhard so.
Ist das Festival zu laut, zu rockig?
Ja. Diese Musik passt nicht zum Ambiente unseres Hauses.
Was verbindet Sie persönlich mit dem Haus – schließlich waren Sie Theaterdirektor und Vorstand beim ersten Ludwig-Musical?
Es ist eines der schönsten Häuser, die es gibt, in einer fantastischen Lage. Als Theatermensch fühle ich mich hier sehr wohl.
Beschert Ihnen das Haus manchmal schlaflose Nächte?
Zwipf: Kultur ist eines der schönsten Dinge, die es gibt auf der Welt. Aber sie beschert mir viele schlaflose Nächte. Und dann weiß ich, warum ich hier bin.