Ex-Metzgereichef nach Listerien-Skandal vor Gericht
Gesundheitsgefahr durch „Original Bayerische Wacholderwammerl“wird juristisch aufgearbeitet
WOLFRATSHAUSEN - Seit fast einem Jahr ist die bayerische Großmetzgerei Sieber pleite. In Produkten waren gesundheitsgefährdende Bakterien gefunden worden. Die Behörden schlossen den Betrieb. Nun steht der einstige Firmenchef Dietmar Schach vor dem Amtsgericht Wolfratshausen.
Lebensmittelkontrolleure hatten im März 2016 verseuchte Wurstwaren der Firma aus Geretsried bei München entdeckt. In der Folge riet das bayerische Verbraucherschutzministerium vom Verzehr von Sieber-Produkten ab, das Landratsamt verhängte einen Produktionsstopp. Wenig später beantragte die Metzgerei mit 120 Mitarbeitern Insolvenz.
Damals klagte Schach, an seiner Firma werde ein „Exempel statuiert“. Später verwies auch der Insolvenzverwalter Josef Hingerl auf die vorangegangenen Skandale um MüllerBrot und Bayern-Ei, weshalb die Behörden im Fall Sieber „überreagiert“hätten. Hingerl will in wenigen Tagen eine Klage gegen den Freistaat Bayern einreichen und mehr als 13 Millionen Euro Schadensersatz fordern.
Doch nicht wegen der Insolvenz oder des Vorgehens der Behörden sitzt Dietmar Schach an diesem Tag auf der Anklagebank. Dem 52-Jährigen wird das „vorsätzliche Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel“vorgeworfen. Es geht um 2250 Euro, die Schach laut eines Strafbefehls hätte bezahlen sollen. Dagegen hat der Unternehmer Einspruch eingelegt, weshalb es nun zur Verhandlung kommt.
Die Vorwürfe in der Anklageschrift sind weitreichender als bisher bekannt. Bereits 2013 sollen in zwei Proben von Debreczinern, die Sieber selbst in Auftrag gegeben hatte, erhöhte Listerienwerte festgestellt worden sein. Dieser Befund hätte dem Landratsamt gemeldet werden müssen, doch das sei ebenso wenig passiert wie bei späteren Auffälligkeiten im Jahr 2015, so die Anklage. Erst im März 2016 erfuhr die Behörde durch die Lebensmittelkontrolleure von jenem „Original Bayerischen Wacholderwammerl“, dessen Listerienbelastung 2000-fach über dem Grenzwert lag – und das den Fall ins Rollen brachte. Nach den Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts steht der im Sieber-Wammerl gefundene Bakterienstamm mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit einem Listeriose-Ausbruch in Süddeutschland 2012. Bei diesem sollen mehr als 70 meist ältere Menschen erkrankt sein, acht von ihnen starben.
Schach hat alle Vorwürfe vonseiten der Behörden stets bestritten, und das tut er auch vor Gericht – mit ruhiger Stimme, den Blick starr geradeaus, die Hände unterm Tisch gefaltet. Er betont: „Ich hätte nie im Leben zugelassen, dass Produkte, die für den Menschen eine Gefahr darstellen, auf den Markt kommen.“Genau davon ist die Anklage aber überzeugt.
Für die Verhandlung sind zwei Tage angesetzt. Am Mittwoch soll das Urteil fallen.