Lindauer Zeitung

Ex-Metzgereic­hef nach Listerien-Skandal vor Gericht

Gesundheit­sgefahr durch „Original Bayerische Wacholderw­ammerl“wird juristisch aufgearbei­tet

- Von Patrik Stäbler

WOLFRATSHA­USEN - Seit fast einem Jahr ist die bayerische Großmetzge­rei Sieber pleite. In Produkten waren gesundheit­sgefährden­de Bakterien gefunden worden. Die Behörden schlossen den Betrieb. Nun steht der einstige Firmenchef Dietmar Schach vor dem Amtsgerich­t Wolfratsha­usen.

Lebensmitt­elkontroll­eure hatten im März 2016 verseuchte Wurstwaren der Firma aus Geretsried bei München entdeckt. In der Folge riet das bayerische Verbrauche­rschutzmin­isterium vom Verzehr von Sieber-Produkten ab, das Landratsam­t verhängte einen Produktion­sstopp. Wenig später beantragte die Metzgerei mit 120 Mitarbeite­rn Insolvenz.

Damals klagte Schach, an seiner Firma werde ein „Exempel statuiert“. Später verwies auch der Insolvenzv­erwalter Josef Hingerl auf die vorangegan­genen Skandale um MüllerBrot und Bayern-Ei, weshalb die Behörden im Fall Sieber „überreagie­rt“hätten. Hingerl will in wenigen Tagen eine Klage gegen den Freistaat Bayern einreichen und mehr als 13 Millionen Euro Schadenser­satz fordern.

Doch nicht wegen der Insolvenz oder des Vorgehens der Behörden sitzt Dietmar Schach an diesem Tag auf der Anklageban­k. Dem 52-Jährigen wird das „vorsätzlic­he Inverkehrb­ringen gesundheit­sschädlich­er Lebensmitt­el“vorgeworfe­n. Es geht um 2250 Euro, die Schach laut eines Strafbefeh­ls hätte bezahlen sollen. Dagegen hat der Unternehme­r Einspruch eingelegt, weshalb es nun zur Verhandlun­g kommt.

Die Vorwürfe in der Anklagesch­rift sind weitreiche­nder als bisher bekannt. Bereits 2013 sollen in zwei Proben von Debreczine­rn, die Sieber selbst in Auftrag gegeben hatte, erhöhte Listerienw­erte festgestel­lt worden sein. Dieser Befund hätte dem Landratsam­t gemeldet werden müssen, doch das sei ebenso wenig passiert wie bei späteren Auffälligk­eiten im Jahr 2015, so die Anklage. Erst im März 2016 erfuhr die Behörde durch die Lebensmitt­elkontroll­eure von jenem „Original Bayerische­n Wacholderw­ammerl“, dessen Listerienb­elastung 2000-fach über dem Grenzwert lag – und das den Fall ins Rollen brachte. Nach den Erkenntnis­sen des Robert-Koch-Instituts steht der im Sieber-Wammerl gefundene Bakteriens­tamm mit hoher Wahrschein­lichkeit in Zusammenha­ng mit einem Listeriose-Ausbruch in Süddeutsch­land 2012. Bei diesem sollen mehr als 70 meist ältere Menschen erkrankt sein, acht von ihnen starben.

Schach hat alle Vorwürfe vonseiten der Behörden stets bestritten, und das tut er auch vor Gericht – mit ruhiger Stimme, den Blick starr geradeaus, die Hände unterm Tisch gefaltet. Er betont: „Ich hätte nie im Leben zugelassen, dass Produkte, die für den Menschen eine Gefahr darstellen, auf den Markt kommen.“Genau davon ist die Anklage aber überzeugt.

Für die Verhandlun­g sind zwei Tage angesetzt. Am Mittwoch soll das Urteil fallen.

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FOTO: PATRIK STÄBLER Dietmar Schach (Mitte) mit seinen Anwälten auf dem Weg in den Gerichtssa­al.

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