Einst abrissgefährdet, jetzt ein Vorbild
Im September werden zwei Gebäude in Kempten fertig – Ein kirchlich-soziales Zentrum entsteht
KEMPTEN - Sie sollten eigentlich beide abgerissen werden. Doch dann wollten es viele Bürger anders. Die einen – in der katholischen Pfarrei Christi Himmelfahrt – setzten sich für den Erhalt ihrer Kirche ein. Andere plädierten dafür, bei der Bebauung des Allgäuer-Brauhaus-Geländes die alte Fasshalle stehen zu lassen. So gewünscht und (fast) so geschehen. Die für die Bürger wertvollen Gebäude bleiben und werden für mehrere Millionen Euro saniert. Und für beide wurden Konzepte entwickelt, mit deren Hilfe sich für Eigentümer und Bauherrn ein Wunsch erfüllen soll: Geld aus dem Topf der Bayerischen Landesstiftung soll fließen. Deshalb schauten sich deren Vorsitzender, Bayerns Ex-Landwirtschaftsminister Josef Miller, und der örtliche CSUAbgeordnete Thomas Kreuzer die neuen Vorhaben in alten Gemäuern an.
Wie haben die Gläubigen dafür gekämpft, dass ihre Kirche im Freudental nach der Pfarreienfusion mit St. Lorenz stehen bleibt. Auch wenn die Kirche für viele Kemptener eher den „Charme eins Gewerbebaus“hat und nicht selten mit einem Hallenbad verwechselt wird – erhalten werden soll der Kirchenbau aus dem Jahr 1969/1970 nun doch. Jetzt wird er mit einer ganz neuen Nutzung, einem kirchlich-sozialen Zentrum, Vorbildfunktion in der Diözese haben. Denn vom Kindergarten bis zum Demenzzentrum deckt das Gebäude künftig ein breites Spektrum ab.
Aus dem großen Kirchenraum wird ein (geteilter) Mehrzweckraum, eine zentrale Jugendkirche soll dort junge Gläubige zusammenführen. Die Jugendpflege zieht in ein Büro, das Demenzzentrum steht für Rat zur Verfügung. Und es gibt weiterhin einen Raum für Andacht und Messe – die Andachtskapelle.
Natürlich, erklären die Architekten von F64, Martin Klopp und Stefan Klempp, steht in der Kapelle dann auch der historische Flügelaltar aus dem Altarraum. Gut gefiel Kreuzer und Miller dieses Konzept. Auch, dass Jugendliche den Kirchenraum nutzen sollen. „Generationsübergreifend“ist das laut Oberbürgermeister Thomas Kiechle, der „sehr froh“ist über diesen Weg. Erstens weil das dem Stadtviertel gut anstehe. Zweitens, weil die Kirche baulich sozusagen die erste Reaktion auf das Zweite Vatikanische Konzil sei: die Öffnung in die Welt.
„Ja, da hätte der Papst seine helle Freude dran“, findet Miller – und erfuhr auch, dass die Mehrkosten durch die Außenfassade fast das Projekt zu Fall gebracht hätten. Eine Förderung sei deshalb gut, hieß es seitens der Kirchenverwaltung. Schließlich habe die Pfarrei St. Lorenz selbst zwei Millionen Euro für das Sechs-Millionen-Projekt zugesteuert. Mit 1,5 Millionen Euro ist die Stadt Kempten dabei.
Unternehmerfamilien sind bei der Renovierung der Fasshalle auf dem Brauhaus-Gelände mit im Boot. Auch dort war die Sanierung nicht einfach, erklärte Josef Geiger von der Unternehmensgruppe Geiger als Bauherr. Die Brauhaus-Verwaltung und drei Gastronomen werden das Gebäude, dessen Außenfassade erhalten bleiben musste, nutzen. „Riesenaufwendungen“seien nötig gewesen, um Altes (wie das Dach) wieder aufzurichten und Neues (wie einen Anbau) dazu zu konstruieren. Manches – wie der alte Gewölbekeller – freilich sei aus Brandschutzgründen (weil keine Notausgänge möglich sind) nicht zu nutzen. Einen Blick war der Keller Miller und Kreuzer allemal wert. Weil die Lösung in der Fasshalle für gut befunden wurde, dürfte einer Förderung des 16Millionen-Euro-Projekt nichts im Wege stehen. Doch entschieden wird erst Ende April.