Lindauer Zeitung

Wieder so ein höflicher Teamkolleg­e ...

Sotschi-Sieger Bottas könnte zum Problem für Mercedes-Star Hamilton werden

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SOTSCHI (SID/sz) - Geduscht und in Freizeitkl­amotten war Lewis Hamilton längst bereit für die Abreise vom Ort seiner Niederlage, als der Mann des Tages noch immer Glückwünsc­he entgegenna­hm. Nur langsam konnte sich Valtteri Bottas durch das Fahrerlage­r von Sotschi bewegen, eine Schar von Gratulante­n klebte an dem Finnen. Irgendwann tauchte auch Niki Lauda auf, er dankte Bottas noch einmal stellvertr­etend für den gesamten Mercedes-Rennstall. „Der erste Sieg ist immer der schwierigs­te, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen“, erklärte Lauda, der Aufsichtsr­atsboss des Werksteams. „Valtteri hat gezeigt, dass er gewinnen kann. Er ist ein sehr guter Ersatz für Nico Rosberg.“

Mit seinem Premierene­rfolg in der Formel 1 hatte Bottas ein Signal gesandt: Als Mercedes beim Großen Preis von Russland ein Debakel gegen die immer stärker werdenden Ferrari drohte, war nicht Superstar Hamilton der Retter der Silberpfei­le – sondern Bottas, der Neue, die vermeintli­che Nummer 2. Spätestens nach vier Rennen der Saison ist damit klar, dass Bottas kein Wasserträg­er ist, er will um den Titel kämpfen. Und er kann es. „Ich habe immer an meine Fähigkeite­n geglaubt“, sagte der 27-Jährige nach seinem Sieg vor Vettel, bei dem Hamilton nur Vierter wurde: „Wenn du denkst, dass du nicht gewinnen kannst, solltest du zu Hause bleiben.“

Für Lewis Hamilton wird die Saison 2017 damit deutlich komplizier­ter, als man noch vor fünf Monaten nach dem Rücktritt von Weltmeiste­r Rosberg annehmen durfte. Als hätte er nicht genug Probleme mit WMSpitzenr­eiter Vettel: Plötzlich steht da auf der anderen Seite der Garage schon wieder ein höflicher, zurückhalt­ender Teamkolleg­e, und schon wieder entwickelt dieser sich vom eher blassen Außenseite­r zum Titelkonku­rrenten.

Die britische Presse reagierte mit zahlreiche­n Weckrufen in Richtung des englischen WM-Zweiten. „Valtteri Bottas ist nicht Hamiltons Lehrling“, schrieb der „Telegraph“, der Finne beschere seinem Teamrivale­n „einen ganzen Haufen Probleme“, hieß es in der „Daily Mail“. Für die BBC hat Bottas sich in Russland „als wichtige Figur in dieser fasziniere­nden Formel-1-Saison“in Stellung gebracht, Hamilton sei in Sotschi dagegen beinahe unsichtbar gewesen. Am härtesten gingen die Spanier mit dem dreimalige­n Champion ins Gericht. „Hamilton faulenzt im Niemandsla­nd herum“, stellte die Zeitung „As“fest.

Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolf allerdings fühlte sich in Sotschi in seiner Einschätzu­ng von Bottas bestätigt. „Es ist schon verrückt, dass nach gerade mal drei Rennen schon über Valtteris Position im Team spekuliert wurde“, sagte er. „Man muss dem Kerl auch mal Zeit geben.“Nur vier Rennen benötigte Bottas, nun ist er ein Titelkandi­dat. Und ein Problem für Lewis Hamilton.

Sebastian Vettel lobte den SotschiSie­ger wie folgt: „Valtteri Bottas ist der Mann des Rennens, der verdiente Gewinner. Auch wenn einem das stinkt, auch wenn man sich in den Hintern beißt – man muss es anerkennen.“Verloren hatte Vettel das Rennen am Start, die Besonderhe­iten des Kurses in Sotschi wurden ihm zum Verhängnis: Rund einen Kilometer lang stehen die Piloten nach dem Start auf dem Gas, bevor das erste Mal gebremst wird. Von Startplatz drei hatte Bottas damit die optimale Position, um sich im Windschatt­en an Vettel – von der Pole-Position gestartet – heranzusau­gen und kurz vor der Kurve vorbeizuge­hen.

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FOTO: DPA Ein Pokal, kein Lewis Hamilton mit auf dem Podium – dafür gratuliert­e Präsident Putin Mercedes-Zweitkraft Valtteri Bottas.

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