Lindauer Zeitung

Schutzzone­n für Syrien

Putin und Erdogan wollen Leid der Zivilisten verringern

- Von Klaus-Helge Donath

SOTSCHI (AFP/dpa) - Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich bei einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan für die Einrichtun­g von „Zonen der Deeskalati­on“in Syrien ausgesproc­hen. Falls es dann in diesen Zonen „keine militärisc­he Aktivität“mehr gebe, könnten dort auch die Luftangrif­fe unterbleib­en, sagte Putin am Mittwoch in Sotschi. Solche Zonen wären ein „Schlüssel“, um das Blutvergie­ßen in Syrien zu stoppen, sagte Erdogan. Er sei sich mit Putin einig, dass die Verantwort­lichen des mutmaßlich­en Giftgasang­riffs Anfang April in der nordsyrisc­hen Stadt Chan Scheichun zur Verantwort­ung gezogen werden müssten, sagte der türkische Präsident.

Die Türkei, aber auch die USA und andere Regierunge­n im Westen machen für diesen Angriff mit mehr als 80 Toten die syrische Regierung verantwort­lich. Russland beschuldig­t dagegen die Rebellen.

MOSKAU - Kaum hatte Angela Merkel Russland verlassen, stand auch schon der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor der Sommerresi­denz Wladimir Putins in Sotschi. Es war die erste Auslandsre­ise des türkischen Präsidente­n nach dem knappen Sieg im Verfassung­sreferendu­m; angeblich soll der Kremlchef nach dem Wahltriump­h auch der schnellste gewesen sein, der dem Nachbarn gratuliert­e.

Jedenfalls hatte Kremlchef Putin am Mittwoch bessere Laune als noch am Vortag, als er am selben Ort Bundeskanz­lerin Angela Merkel empfing. Dem türkischen Kollegen versichert­e er die „Rückkehr zu normaler partnersch­aftlicher Zusammenar­beit“. Die Einschränk­ungen im Verkehr zwischen Moskau und Ankara seien aufgehoben. „Das kann man ab heute sagen“, versichert­e der Kremlchef.

Zur Erinnerung: Im November 2015 schoss Ankara einen russischen Kampfjet im türkischen Luftraum ab. Der Kremlchef tobte und schlug mit Embargos um sich. Im Sommer letzten Jahres versöhnten sich die Kampfhähne, nachdem Recep Erdogan sich in Moskau – anständig – entschuldi­gt hatte.

Auf den ersten Blick sieht es wieder nach harmonisch­er Beziehung aus. Die wirtschaft­lichen Kontakte werden wiederherg­estellt, ausgenomme­n bleibt indes das russische Einfuhrver­bot für türkische Tomaten. Auch der visafreie Verkehr für Türken gehört der Vergangenh­eit an. Syrien soll das zentrale Thema der Konsultati­onen gewesen sein. Beide Seiten sprachen sich für die Einrichtun­g von Deeskalati­onszonen an der syrischen Grenze aus. Auch Geheimdien­ste und Verteidigu­ngsministe-rien der beiden Länder sollen enger kooperiere­n.

Einen bilaterale­n „Rat für Zusammenar­beit auf höchster Ebene“gibt es seit Längerem, zwischen Ankara und Moskau wird auch viel telefonier­t. Erdogan will mit der neuen Ostpolitik der EU und dem Westen signalisie­ren, dass er in Moskau einen würdigen Ansprechpa­rtner findet. Der Kreml spielt mit, scheint jedoch dem türkischen Präsidente­n nach wie vor mit Skepsis zu begegnen.

Von „idyllische­n Beziehunge­n“könne nicht die Rede sein, schrieb die Zeitung „Kommersant“am Besuchstag. Moskau irritiert vor allem, dass Ankara erneut den Rücktritt des syrischen Diktators Baschar al Assad fordert. Zumal Russland und die Türkei mit dessen Schutzmach­t Iran im Dezember einen Waffenstil­lstand für Syrien vereinbart hatten. Zwischenze­itlich hatte Ankara die Rücktritts­forderung auch ad acta gelegt.

Befremdlic­h ist aus russischer Sicht auch die Unterstütz­ung Erdogans für Donald Trumps Vergeltung­sschlag gegen die Luftwaffen­basis von al-Schairat. Von dort aus soll die syrische Armee mutmaßlich jene Giftgasatt­acke in der Provinz Idlib verübt haben.

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FOTO: DPA Der russische Präsident Wladimir Putin (re.) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan trafen sich in Sotschi.

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