May erhebt schwere Vorwürfe gegen die EU
May spricht vom Versuch der Beeinflussung der britischen Parlamentswahl
BRÜSSEL (dpa) - Vor den Brexit-Verhandlungen wird die Tonlage schrill. Die britische Premierministerin Theresa May warf Vertretern der Europäischen Union vor, Einfluss auf die für den 8. Juni geplanten Unterhauswahlen nehmen zu wollen. Zudem wollten einige ein Scheitern der Gespräche über den EU-Austritt ihres Landes. EU-Chefunterhändler Michel Barnier warnte vor der Illusion, dass der Brexit schmerzfrei sei und rasch vereinbart werden könne.
Anlass des Schlagabtauschs war unter anderem ein Bericht der „Financial Times“, wonach die EU Großbritannien beim Brexit mehr als 100 Milliarden Euro in Rechnung stellen könnte – eine Zahl, die von der EU nicht bestätigt wurde. Zudem hatten Informationen aus der EU-Kommission in London Empörung ausgelöst, wonach May sich Illusionen über positive Aspekte des Brexits mache und „in einer anderen Galaxie“lebe.
„Es gibt einige in Brüssel, die nicht wollen, dass diese Verhandlungen Erfolg haben“, sagte May. „Die Verhandlungsposition der Europäischen Kommission hat sich verhärtet. Von europäischen Politikern und Beamten wurden Drohungen gegen Großbritannien ausgestoßen.“Die Äußerungen seien gezielt so gesetzt worden, dass sie die Parlamentswahl beeinflussen, sagte May.
Barniers Forderungskatalog
Die 27 in der EU verbleibenden Länder hatten bei einem Sondergipfel ihre Leitlinien für die Brexit-Verhandlungen verabschiedet. Am Mittwoch legte EU-Chefunterhändler Barnier auf dieser Grundlage einen detaillierten Forderungskatalog vor. Die wichtigsten Ziele: Zuerst sollen die Bedingungen der Trennung geklärt werden, darunter die Finanzfragen, Garantien für die 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien sowie die 1,2 Millionen Briten im Rest der EU, und die Frage, wie die künftige EU-Grenze zu Nordirland möglichst durchlässig gestaltet werden kann. Barnier erläuterte, dass er für die EU-Bürger in Großbritannien weitreichende Rechte sichern will. Dazu zählte er neben dem Aufenthaltsrecht Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung und zum Bildungssystem. Bürger der übrigen 27 EU-Staaten müssten nach dem Brexit in Großbritannien für den Rest ihres Lebens weiterleben können wie heute. Die Rechte sollen vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar sein – was für Großbritannien kaum akzeptabel ist.
Barnier beharrte darauf, dass das Vereinigte Königreich für alle finanziellen Verpflichtungen geradestehen müsse, die es als EU-Land eingegangen ist. „Es handelt sich weder um eine Bestrafung noch um eine Austrittssteuer“, betonte er. „Wir müssen die Rechnungen begleichen, nicht mehr und nicht weniger.“Brexit-Minister David Davis betonte, sein Land bezahle nur das, wozu es verpflichtet sei und „nicht das, was die EU will“. Im britischen Fernsehsender ITV sagte er: „Wir sind keine Bittsteller.“