Seilschwebebahn statt Maulesel
Vor 90 Jahren hat Bregenz die Pfänderbahn feierlich in Betrieb genommen
BREGENZ - Die Pfänderbahn hat in Bregenz eine Rolle gespielt, lange bevor diese gebaut wurde. Vor 90 Jahren hat Bregenz die Seilbahn in Betrieb genommen, es war die erste in Vorarlberg, die dritte in Österreich. Zuvor gab es viele – auch skurrile – Ideen, wie man die 600 Meter Höhenunterschied überwinden könnte.
Als Ende des 19. Jahrhunderts der Zustrom von Gästen auf den Pfänder immer mehr anschwoll, drängte sich der Gedanke an eine Bergbahn immer mehr auf. Das hing nicht zuletzt auch mit dem 1873/74 auf dem Pfänder errichteten Hotel zusammen, das in den ersten Betriebsjahren nicht so recht florieren wollte. Der Weg zu Fuß war beschwerlich, die Kutschenfahrt auf der damals einzigen Straße über die Fluh langwierig und mühsam. Nach der Pleite, die nach einigen mageren Sommern nicht zu vermeiden war, ging das Hotel 1881 an den Weinstubenbesitzer Ferdinand Kinz. Ab April 1882 verband dann ein Telefon die Kinzsche Weinstube in der Kirchstraße mit dem neu erworbenen Pfänderhotel. So konnten die vier hoteleigenen Maulesel mit einem Anruf in Marsch gesetzt werden, sobald Gäste in der Weinstube eingetroffen waren. Das grundsätzliche Transportproblem war aber immer noch nicht gelöst, denn Maulesel blieb Maulesel, auch wenn dieser telefonisch angefordert wurde.
Verschiedene Lösungen wurden also erörtert – und boten immer wieder Anlass zu Spott, vor allem während der Fasnacht: So schlug ein Bregenzer vor, den Alexanderstollen, der vom Wirtatobel durch den Pfänder bis in die Gegend des Hafens führte, durch einen senkrechten Aufzug mit der Pfänderspitze zu verbinden. Ein anderer beabsichtigte, ein Drahtseil von der Stadt bis zur Pfänderspitze zu spannen, um daran einen Wagen mit Luftballons hochziehen zu lassen.
Das erste ernstzunehmende Projekt stammt aus dem Jahr 1889. Eine mit Dampf betriebene Zahnradbahn sollte die Gäste über den Gebhardsberg und die Fluh auf den Pfänder bringen. Im Jahr 1897 wurde eine elektrische Trambahn und Seilzugbahn mit Wasserübergewichten konzipiert, 1906 eine elektrische Zahnradbahn.
Im Jahr 1911 schließlich wurde eine neue Variante ins Auge gefasst, mit einem damals noch sehr jungen Antriebssystem, eine Drahtseilschwebebahn. Vor dem Ersten Weltkrieg bestanden auf dem Boden der österreichisch-ungarischen Monarchie nur zwei Seilschwebebahnen, die für den Personenverkehr zugelassen waren: die Kollernbahn bei Bozen und die Lana-Vigiljochbahn bei Meran. Beide Seilbahnen wiesen den damaligen Bauvorschriften folgend viele Stützen auf. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verschob die Verwirklichung des Pfänder-Seilbahnprojekts (mit 16 Stützen) auf unbestimmte Zeit.
Der Erste Weltkrieg fördert die technische Entwicklung
Es ist wohl eine Ironie der Geschichte, dass die Entwicklung des Baus von Personenseilschwebebahnen durch den Krieg entscheidend vorangetrieben wurde. Der Mangel an Betriebsmitteln und die Geländegegebenheiten führte nämlich dazu, dass in den Alpen immer größere Entfernungen mit „Kriegsseilbahnen“überspannt wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg erbrachte der geniale Techniker und Ingenieur Louis Zuegg aus Meran den wissenschaftlichen Nachweis, dass die Bestandsdauer der Tragseile weniger von der reinen Zugbeanspruchung, sondern hauptsächlich von der unter den Laufwerksrollen und an den Stützen auftretenden Biegebeanspruchung und Quetschung der Seile abhängt. Umso mehr Stützen, umso kürzer die Lebensdauer der Seile. Die Zahl der Stützen wurde also reduziert, die Seilspannung erhöht. Auch die Fahrgeschwindigkeit konnte dadurch gesteigert werden. Zuegg verband sich mit der Firma Bleichert & Co. in Leipzig; gemeinsam wurde die Bauart Bleichert-Zuegg entwickelt.
Im Frühjahr 1925 wurden die Vorarbeiten für eine Seilschwebebahn auf den Pfänder wieder aufgenommen. Nun ging es Schlag auf Schlag: Die Pfänderbahn wurde in der kurzen Bauzeit von Juli 1926 bis Februar 1927 erstellt. Die Projektierung erfolgte durch die Firma Bleichert & Co. Am 20. März 1927 wurde die Pfänderbahn feierlich in Betrieb genommen. Die Bahn hatte eine Länge von 2070 Metern und überwand den Höhenunterschied von 610 Metern auf vier Stützen ruhend.
Die Pfänderbahn feiert das 90. Jubiläum am Samstag und Sonntag, 13 und 14. Mai, mit Familienprogramm, Gewinnspiel sowie Musikunterhaltung mit den „Holzfüchsen“an beiden Tagen von 10 bis 16 Uhr.