Bayerns Genossen fahren die Krallen aus
Heute werden Ergebnisse einer Mitgliederbefragung zum Landesparteivorsitz veröffentlicht
MÜNCHEN (lby) - Die Stimmung in der bayerischen SPD war schon einmal besser. Am 1. März beim politischen Aschermittwoch platzte das SPD-Zelt in Vilshofen aus allen Nähten, alle wollten Kanzlerkandidat Martin Schulz zujubeln. Auch der oft glücklos wirkende Landeschef Florian Pronold hatte wieder mal einen Grund zum Lachen: Nach langer Durststrecke durfte die SPD viele neue Genossen in ihren Reihen begrüßen, die Mitgliederbefragung versprach einen unproblematischen Übergang des Landesvorsitzes. Nur zwei Monate später ist die Euphorie verflogen – und dies liegt nicht nur daran, dass die SPD bundesweit mit rückläufigen Umfragen und Wahlniederlagen leben muss.
Unruhe durch Befragung
Denn auch die Mitgliederbefragung über Pronolds Nachfolger, die bis zum gestrigen Donnerstag lief, hat viel Unruhe in die SPD gebracht – innerhalb der Landtagsfraktion sprechen einige genervte Genossen gar von Grabenkämpfen und dickem Ärger. Fünf Kandidaten und eine Kandidatin haben ihre Hüte in den Ring geworfen: Generalsekretärin Natascha Kohnen, der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn, der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, der Und so rechnen sich die Kandidaten Sprecher der Münchner Tafel, Gregor gegenseitig vor, wie viele Pressemitteilungen Tschung, Markus Käser von der die Parteizentrale für die SPD-Initiative „Zeit für die Mutigen“Generalsekretärin verschickt, wer und der Kommunalpolitiker Uli welchen prominenten Befürworter Aschenbrenner. hat und wer bei welcher Veranstaltung
Während die SPD sich bislang als erster, zweiter oder erst nicht über fehlende Wahlbeteiligung sechster Redner sprechen darf. „Es beklagen kann – bis Anfang Mai waren wird Zeit, dass diese Zeit vorbei ist“, es schon 27 000 Genossen – , ist sagt ein hörbar genervter SPDler im die übrige Außenwirkung bestenfalls Landtag. Das Gezanke müsse aufhören, als suboptimal zu bezeichnen: Von die Krallen eingefahren werden. der „Streitlustigen Partei Deutschlands“Bei den ganzen persönlichen Befindlichkeiten ist etwa in den Medien die Rede, seien Inhalte längst unter den Kandidaten und ihren maximal zweitrangig, betont ein anderer Anhängern herrschen Misstrauen, Genosse. „Dabei ist das doch Missgunst und Eifersüchteleien. neben der Person selbst die eigentliche Frage der Wahl: Wie stellt sich die SPD künftig programmatisch auf? Rückt die Partei vor den Wahlen weiter nach links, eher in die Mitte oder bleibt alles so wie es ist?“Für jede Variante gibt es mindestens einen Kandidaten.
Doch erst einmal ist Rechnen angesagt. Sobald am heutigen Freitag die Auszählung vor den Fernsehkameras gestartet wird, werden die Kandidaten oder ihre Vertrauten den 100 Freiwilligen über die Schulter schauen. Niemand soll sagen können, bei der Auszählung sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen.
Mögliche Stichwahl bei Parteitag
Und die Helfer werden schnell sein müssen: Um nur die bis Anfang Mai eingegangenen rund 27 000 Briefe pünktlich bis zur Pressekonferenz um 14 Uhr zu öffnen, müssen pro Minute knapp 80 Stimmzettel gezählt werden. Sollten sich am Ende alle knapp 60 000 Genossen an der Befragung beteiligt haben, wären es gar pro Minute 173 Briefe.
Sollte kein Kandidat über die wichtige Marke von 50 Prozent kommen, wird es auf dem Landesparteitag am 20. und 21. Mai in Schweinfurt eine richtige Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten geben. Das bedeutet: Auch der innerparteiliche Wahlkampf geht weiter.