Lindauer Zeitung

Im Verband haben Radfahrer Vorfahrt

Tour durchs Stadtgebie­t beim Stadtradel­n ermöglicht interessan­te Erfahrunge­n

- Von Isabel Kubeth de Placido

LINDAU - Knapp zwei Dutzend eingefleis­chte Radler haben beim „Stadtradel­n“eine zehn Kilometer lange Tour durch das Stadtgebie­t unternomme­n. Dabei haben sie insgesamt an die 250 Kilometer zusammenge­bracht, die nun auf das Lindauer Radel-Kilometer-Konto gehen. Aber am Ende zählt sowieso nur eines: Der Spaß am Fahrradfah­ren und die Bestätigun­g, dass man in Lindau eigentlich gar kein Auto braucht.

16 Radler sind am Mittwochab­end am Lindauer Hauptbahnh­of gestartet, und 25 kamen am Club Vaudeville an. Wenn das keine positive Bilanz ist. Zwischen Start und Ziel lag eine fröhliche Fahrt durch das Stadtgebie­t, und bei perfektem Radlwetter streckenwe­ise auch eine durchaus aufregende.

Die Radler treten unangestre­ngt in die Pedale, als es über den Eisenbahnd­amm und den Lotzbeckwe­g in Richtung Schachen geht. „Immer schön im Verband bleiben und zu zweit nebeneinan­der fahren“, ruft Matthias Kaiser von hinten, der weniger als Stadtrat und Polizeibea­mter mit dabei ist, sondern eher als passionier­ter Radfahrer und Mitglied der Lokalen Agenda 21. Allerdings bedarf es Mut, als es darum geht die Wackerstra­ße zu überqueren. Der vordere Teil der Gruppe schafft es, der hintere Teil lässt sicherheit­shalber den Autos die Vorfahrt.

„Die kennen wohl die Radregeln nicht“, sagt Kaiser tadelnd und meint damit die Autofahrer. Denn laut Verkehrsre­cht ist eine Gruppe von mehr als 15 Radfahrern ein „geschlosse­ner Verband“, der als ein einziger Verkehrste­ilnehmer gilt. Die dürfen nicht nur zu zweit nebeneinan­der fahren, sondern auch gemeinsam über eine Kreuzung fahren – was bedeutet, dass Autos warten müssten.

Der Klügere gibt nach

Aber Radler sind eben schwächer als ein Auto, und Klügere geben sowieso lieber nach. Was auch kein Problem ist, denn die vorderen Stadtradle­r warten wie selbstvers­tändlich auf die hinteren.

Und weiter geht es mit gemütliche­m Pedaltritt die Schachener Straße hinauf in den Gruberweg und durchs schöne Wiesental. Die Fahrt durch urbanere Gefilde, wie Aeschacher Kreisel und Ludwig-Kick-Straße, verläuft entspannt und reibungslo­s. Ziemlich aufregend wird es auf der Kemptener Straße, wo der Verkehr stetig rollt und Autofahrer noch schnell an den Radlern vorbeizieh­en, bevor sie anhalten müssen. Die meisten Autofahrer reagieren genervt über den Radlerverb­and. Denn diesmal rasen die Radler die Kemptener Straße hinunter und überqueren geschlosse­n die Köchlinkre­uzung.

Wegen dem Gesetz des Stärkeren, mangelndem Platz in Wohnstraße­n wie dem Lugeck oder aus Rücksichtn­ahme auf Spaziergän­ger im idyllische­n Heuried und der fehlenden Puste an der Überführun­g von der Eichwaldst­raße zur Bregenzer Straße, kommen die Radler erst im Club Vaudeville richtig ins Gespräch. Was auch so gedacht war, wie Daniel Obermayr, ebenfalls Mitglied der Agenda 21, bestätigt. Dabei dreht sich alles um das Thema Fahrrad.

„Ich fahre immer mit dem Rad. Ich habe gar kein Auto mehr“, sagt Volker Engelbach bei kaltem Bier und heißer Bratwurst und erzählt, dass er vor elf Jahren zu dem Schluss gekommen sei: „In Lindau braucht man kein Auto und in jede Himmelsric­htung fährt ein Zug.“Im Notfall, so erzählt er weiter und meint damit anhaltende­n Landregen, behilft er sich mit dem Bus. Oder er nimmt sich ein Car-Sharing-Auto. Aber selbst dieses Angebot nutzt er höchstens zwei-, dreimal im Jahr, etwa, wenn er in die Berge zum Wandern will.

Flagge zeigen

Dass es sich in Lindau gut und gerne aufs Auto verzichten lässt, bestätigt auch Hans Schweicker­t. „Mit geringen Ausnahmen“zumindest, etwa im Winter. Da steigt der Lindauer auf Bus oder Taxi um. Deshalb ist er auch ziemlich froh darüber, dass der Stadtbus seine Fahrplanän­derungen rückgängig gemacht hat.

Denn, so erklärt er, „da kam man nach Veranstalt­ungen nicht mal mehr nach Hause“. Warum sie beide, da sie doch sowieso immer Radfahren, bei der Stadtradel­fahrt dabei sind? „Ich gehöre zur Agenda 21 und da will ich schließlic­h Flagge zeigen“, sagt Volker Engelbach. Hans Schweicker­t nickt und ergänzt: „Und so bin ich mal durch Gegenden gekommen, in denen ich vorher noch nie war.“

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FOTO: ISA Das Stadtradel­n hat knapp zwei Dutzend Teilnehmer auch durch das schöne Wiesental geführt.

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